Expressionistische Krippen

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Der Tiroler Holzschnitzer Ludwig Penz (1876 bis 1918) gilt heute als großer Meister.

Was große Künstler in Bronze und Marmor geschaffen haben, hat Ludwig Penz aus Schwaz in Tirol - dessen 125. Geburtstag dieses Jahr gefeiert wird - auf gleichem künstlerischen Niveau in Holz hervorgebracht. Seine Krippenfiguren zeigen ihn als den Meister der impressionistischen Holzplastik, sie sind von einer Naivität und Ursprünglichkeit, die beispielslos ist. Ein Künstlerleben, in der Stille gewirkt, wird von der nachfolgenden Künstlergeneration "bereits wie ein Heros verehrt. Sie sieht in seinem Werk das Fundament ihres Schaffens" (Erich Egg). Vor allem unter jüngeren Künstlern ist Ludwig Penz gefragt; sie bekamen ein Vorbild, das lange nachwirkt.

Am 13. August 1876 in Luimes bei Telfes im Stubaital geboren, erlernte er in seiner Ausbildung den herrschenden Stil der Neugotik. Später besuchte er die Akademie in Wien unter großen Entbehrungen. Der Tiroler fühlte bald die Härte und den ungewohnten Boden der Großstadt. Täglich kauft er sich Sauerkraut, um seinen Hunger zu stillen, während der geistige Hunger ihn von Galerie zu Galerie führt. Ins Skizzenbuch schreibt er: "Der kalte Winter steht vor der Tür. Meine Pläne sind verschneit. Ach Talent, verkümmere nicht hier."

1905 bis 1908 besuchte Penz die Akademie in München. Hier erlebte er in der Sezession die neue Kunst des Impressionismus. Bald blüht ein erster Erfolg: Bei einem Wettbewerb um das Haller Speckbacher-Denkmal kommt sein genialer Entwurf durch. Wichtig für die plastische Kraft und Sicherheit der Figuren war für Penz eine Studienreise nach Italien im Jahr 1909, die ihn zu den bekanntesten historischen Kunstzentren führte. Über die sixtinische Kapelle von Michelangelo schrieb er: "Dieser Genuss verdirbt mir den Appetit für alles andere." Seither wohnte Penz dauernd und zurückgezogen in Schwaz bei den Geschwistern Kaim, die ihm für viele Zeichnungen Modell standen und die ihn gut umsorgten.

Bald schon trat Penz mit zahlreichen Werken auf. Er hob die Tiroler Kunst aus den festgefahrenen Geleisen. Bei den Penz-Krippen sieht man kein Jerusalem im Hintergrund, auch nicht orientalischen Prunk. Ausgehend vom Weihnachtsevangelium, das die Frohe Botschaft zuerst den armen Leuten verkündet, findet Penz in der bäuerlichen Schwazer Umwelt die ihm geeigneten Vorbilder. "An die Stelle farbiger bunter Fassung der Figuren tritt das Holz mit seinem warmen Ton, mit der Petroleumlampe leicht angerußt und mit Wasserfarben leicht getönt", so der Kunsthistoriker Erich Egg. Somit gleitet das Licht anstelle der Farben über die herausgeschnittenen Höhlungen der Oberfläche. Penz verstand es, nur das Wesentliche mit dem Schnitzmesser anzudeuten.

Ebenso bedeutend war Ludwig Penz in Medaillen und Kupfertreibarbeiten sowie im Zeichnen. Monumentale Aufträge waren seltener. Zu ihnen zählen die beiden Wehrmänner Jörg von Fruntsperg (1915) und der Schmied von Fulpmes im Stubaital (1916). Weitere Meisterwerk sind der Entwurf eines vom Goldschmied Rappel ausgeführten Primizkelches (1914), und ein Steingut-Relief des heiligen Josef, das im Trausaal des Rathauses in Schwaz einen Ehrenplatz.

Penz' letzte Arbeit, eine Pieta in Kupferblech getrieben für ein Grabmal am alten Schwazer Friedhof, sollte zu Allerheiligen fertig werden. Hier verletzte sich der Künstler an der Hand beim Montieren des Reliefs. Es kam zu einer Blutvergiftung, woran er am 4. November 1918, fast unbemerkt während der Wirren des Zusammenbruchs der alten Monarchie, mit 42 Jahren starb.

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