Gescheiterter König, ironischer Präsident

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Die Staatsoper eröffnete ihren Premierenreigen klassisch mit Mozarts "Idomeneo, Rè di Creta". Die Volksoper zeigte sich ungleich erfolgreicher mit der österreichischen Erstaufführung von Friedrich Cerhas "Onkel Präsident", einer unterhaltsamen einaktigen Farce.

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Die Staatsoper eröffnete ihren Premierenreigen klassisch mit Mozarts "Idomeneo, Rè di Creta". Die Volksoper zeigte sich ungleich erfolgreicher mit der österreichischen Erstaufführung von Friedrich Cerhas "Onkel Präsident", einer unterhaltsamen einaktigen Farce.

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Besser hätte man es nicht planen können: ein Kaiser im Mittelpunkt der ersten Saisonpremiere im Haus am Ring, ein Präsident (wenn auch nur eines Unternehmens) im Zentrum der ersten Neuproduktion im Haus am Währinger Gürtel. Noch dazu eine Österreich-Premiere: Denn Friedrich Cerhas "Onkel Präsident" wurde im Juni 2013 am Münchner Prinzregententheater in der Regie von dessen Intendanten Josef Ernst Köpplinger uraufgeführt. Diese Inszenierung kam nun an die Volksoper.

Eine einaktige Farce mit Vorspiel und Epilog nach einem Libretto des Wiener Steuerberaters Peter Wolf, seit Jahrzehnten Mastermind der Musikalischen Jugend Österreichs.

Er ließ sich dazu von Ferenc Molnárs Bühnenstück "Eins, zwei, drei" anregen, das Anfang der 1960er-Jahre Billy Wilder zu seinem gleichnamigen Film inspiriert hat. Zitate aus Wagner, Verdi, Puccini sowie aus Cerhas eigenem Œuvre finden sich in diesem vom gesprochenem Wort bis zur Arie reichenden unterhaltsamen eindreiviertel-Stunden-Stück, ohne den Primat des Wortwitzes im Mindesten anzutasten. Dieser dominiert in diesem amüsant-hintergründigen Stück um einen mächtigen Chef eines Stahlkonzerns. Er hat alle Hände zu tun, um einen entsprechenden Ehemann - den in Windeseile vom Fahrradboten Pepi Powolny zum Konsul Schrullenhuf-Wullerdorff Geadelten (David Sitka) - für die Millionenerbin Melody Moneymaker (bagschierlich Julia Koci) zu finden. Sonst wären ein Fünf-Jahres-Vertrag, hunderte Arbeitsplätze und auch der Präsident Geschichte. Trotzdem findet der alle Klischees eines absolutistischen Industriekapitäns bedienende Präsident (rollendeckend Renatus Mészár) Zeit, um im alpenländischen Ambiente des Tiroler Seefeld mit einem in die Jahre gekommenen Komponisten (sonor Walter Fink) über die Oper zu sinnieren und ihn schließlich zu einer solchen zu animieren.

Wie aus einem Guss

Alfred Eschwé am Pult des gut studierten Volksopernorchesters sorgte für den gewünschten Schwung. Johannes Leiacker hat die einzelnen Orte des Geschehens in einem stimmigen Einheitsbühnenbild zusammengeführt, Marie-Luise Walek die entsprechenden Kostüme beigesteuert. Auch wenn man die eine oder andere Rolle aussagekräftiger hätte besetzen können: die Aufführung ist wie aus einem Guss.

Vielversprechend beginnt es auch an der Staatsoper. Regisseur Kasper Holten, Direktor an Londons Königlichem Opernhaus Covent Garden, lässt die Gefangenen Trojas, die auf ihren Tod warten, vom Schnürboden herunterhängen. Kretas Königssohn Idamante (intonationsgetrübt Margarita Gritskova) befreit sie. Auch die Trojanerprinzessin Ilia (überraschend blass Chen Reiss). Ein toller Einstieg. Nur: Holten nutzt ihn nicht. Er zeichnet weder die Charaktere -die er in Mia Stensgaards atmosphärelosem Bühnenbild (zwei aufklappbare Rahmen, darüber ein Spiegel) mehr oder minder unkoordiniert agieren lässt - deutlich. Noch macht er deren Entwicklung sichtbar.

Ein Ende bei Zombies

Am Ende wird eine Idomeneo-Büste zerschlagen und Idomeneo (der die Darsteller dominierende, mit vokalen Abnützungserscheinungen kämpfende Michael Schade) zum Rückzug als König durch Zuruf aus dem Volk gezwungen. Er endet bei Zombies, die schon zuvor die Bühne bevölkern. Das zeigt bestenfalls, wie wenig Holten mit diesem Sujet anzufangen weiß. Da kann man nur scheitern. Zumal man auch im vom Christoph Eschenbach befehligten Orchestergraben Dramatik vermisste, Chor und Orchester nicht immer präzise zusammenfanden. Wie auch die übrige Besetzung - angeführt von Maria Bengtsson als zu unentschiedener Elettra - den Ansprüchen dieses Mozarts nur bedingt entsprach.

Onkel Präsident

Volksoper: 16., 20., 27. Oktober

Idomeneo, Rè di Creta

Staatsoper: 16. Oktober

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