Gewaltfreie Modernisierung

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Das Schauspielhaus Salzburg zeigt, wie es auch sein kann. Denn wenn man genau hinsieht, sind die im "Bauer als Millionär“ abgehandelten Probleme auch die unseren.

Ein aus unerfindlichen Gründen zu Reichtum gekommener armer Bauer, Fortunatus Wurzel, residiert in üppigem Lifestyle in einem Stadtpalais. Deshalb soll seine Tochter respektive Ziehtochter Lottchen reich heiraten - und nicht den armen Fischer Karl. Aber da gibt es noch etwas anderes, die Welt der Geister und Feen. Und in diesen Erzählungen erweist sich Lottchen zunächst einmal als Tochter der Fee Lakrimosa, die später als Zufriedenheit sich wie einem Beginen-Kloster entsprungen geriert. Und auch Neid und Hass hüpfen personifiziert herum. Fortunatus wird von all dem überrollt, sein Diener Lorenz aber ist als echter Wiener gleichsam als Manager allzeit auf seinem Posten. Es ist eine Übermacht, die immer wieder dazwischenfunkt, wenn Lottchen ihren Fischer Karl heiraten möchte.

All das hat man eben heute auch: Aus Neid patzt man andere an, Hass hat man auf jene, die etwas versprochen und nicht gehalten haben, und dann gibt es auch noch ein paar gute Seelen wie den Ajaxerle und eben die larmoyante Lakrimosa, die alles zum Guten wenden. Der beim Kegeln gewonnene Ring des Karl treibt dann die Handlung dem Höhepunkt und Ende zu.

Ende gut, alles gut? Nein, denn da ist noch die Jugend und das Hohe Alter in der Ausnahmegestalt der bald 80-jährigen Julia Gschnitzer, ein Jungbrunnen für jedes Ensemble, in dem sie spielt; das beginnt bei der hohen Sprechkultur und reicht bis zur Vermeidung jeglicher Outrage, die dem Personal abzugewöhnen kein Regisseur mehr wagt. Nicht groß und lang sind ihre souveränen Auftritte, aber sie bleiben haften. Die Rolle Georg Reiters als Fortunatus Wurzel scheint mit der Straffung des Stücks ein wenig zur Seite gedrängt, die Aschen-Szene rückt aber doch dank des neues Textes und der neuen Vertonung wieder ins Zentrum. Denn der rigorose Umgang mit dem Text und der Einsatz der Livemusik "Bock auf Heidi“, deren Leader Christoph Lindenbauer neue Texte und neue Musik geschrieben hat, die von ihm, seiner Frau Ilona und Manfred Wambacher interpretiert werden, zeigen die Möglichkeiten, wie man den angeblichen Staub der Tradition vom Biedermeier abklopft und eine "Modernisierung“ zustande bringt, ohne dem Original Gewalt anzutun.

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