Höller und sein Himmler

Werbung
Werbung
Werbung

Thomas Bernhards "Vor dem Ruhestand" am Wiener Volkstheater.

Eine Komödie von deutscher Seele" nannte Thomas Bernhard sein Stück "Vor dem Ruhestand", das Claus Peymann 1979 in Stuttgart zur Uraufführung brachte und das jetzt am Wiener Volkstheater in einer sehr gediegenen Inszenierung von Thomas Roth zu sehen ist. Bernhards Abrechnung mit der Verdrängung der ns-Zeit ist hier in ein Geschwisterdrama verpackt, das im Volkstheater in einer sehr adäquaten Ausstattung (Bühne: Florian Parbs, Kostüme: Erika Navas) präsentiert wird.

Der vor der Pensionierung stehende Gerichtspräsident Rudolf Höller (Heribert Sasse) lebt mit seinen beiden Schwestern zusammen. Vera (Silvia Fenz) teilt mit ihrem Bruder bisweilen das Bett, vor allem aber die Sympathie für die ns-Zeit, in der Rudolf ss-Offizier und stellvertretender Kommandant eines Konzentrationslagers war. Clara (Beatrice Frey), die knapp vor Kriegsende bei einem Bombenangriff schwer verletzt wurde und seither im Rollstuhl sitzt, hasst ihre Geschwister, deren Ideologie und deren Sadismus ihr gegenüber, verhält sich aber, abgesehen von gelegentlichen Aggressionsausbrüchen, schweigsam.

Höller, der einst zehn Jahre untertauchen musste, jetzt aber auch dem Landtag angehört und stolz darauf ist, dass er gerade den Bau einer chemischen Fabrik neben seinem Haus verhindern konnte, ist völlig uneinsichtig und bedient sich der üblichen Phrasen. Er habe nur seine Pflicht getan, sein Gewissen sei rein, er habe nur zum Wohl des deutschen Volkes gehandelt. Beklemmender Höhepunkt der Handlung ist Höllers alljährliche Gedenkfeier zum Geburtstag des ss-Reichsführers Heinrich Himmler - mit Musik, Kerzenlicht und einer eher langatmigen Diavorführung über die ns-Zeit.

Es mangelt dem Stück nicht an Spannung. An allen drei Akteuren, die ganz starke Momente haben, ist nicht das Geringste auszusetzen. Aber einige Kürzungen hätten dem Werk, das neben zeitlos Gültigem in etlichen Passagen auch veraltet wirkende Kommentare zum Zeitgeschehen abgibt, sicher gut getan. Das Publikum sparte aber am Ende nicht mit begeistertem Applaus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung