Hunger nach Biokraftstoff

Werbung
Werbung
Werbung

Brasilien ist schnell unter die 20 größten Industrienationen der Welt vorgerückt. Mit Wachstumsraten zwischen fünf und zehn Prozent des BIP sollte es sich in den kommenden 20 Jahren einen Platz unter den ersten fünf der Welt sichern. Es sind Zahlen und Statistiken wie diese, die für die Regierung zählen. Von der immer massiver werdenden Kritik an Wachstum und Ressourcenzerstörung ist die Politik im Schwellenland nicht angekränkelt. Ein stellvertretender Industrieminister, Márcio Zimmermann, führte unlängst der FAZ seine Ziele so vor Augen: "Wir müssen in großen Dimensionen denken. Brasilien muss seinen Energiekonsum in den nächsten Jahren verdreifachen, damit wir einen vergleichbaren Lebensstandard wie in Europa garantieren.“

Um dies zu ermöglichen, versucht Brasilien, alle möglichen Energiequellen auszuschöpfen: Es verfügt über hundert Bohrinseln am Atlantikschelf, aber vor allem nutzt es seine gigantischen Agrarflächen zur Erzeugung von Biosprit. Derzeit existieren mehr als 430 riesige Zuckerrohrmühlen in Brasilien, die 1,7 Millionen Tonnen Rohstoff verarbeiten - und einen großen Teil davon in Bioethanol verwandeln.

Zweitgrößter Bioethanol-Produzent

Mit 21 Milliarden Litern ist Brasilien hinter den USA der zweitgrößte Produzent von Biokraftstoffen. Allerdings soll diese Menge in den kommenden drei Jahren verdreifacht werden. Aktuell werden bereits 18 Prozent des gesamten Treibstoffbedarfs Brasiliens durch Ethanol auf pflanzlicher Basis gedeckt. 75 Prozent der in Brasilien zugelassen Fahrzeuge sind mit bioethanolverträglichen Motoren ausgestattet.

Dass bei der Wachstumspolitik die Felder durch eine neue Gesetzgebung - "Zonenregelung“ genannt - von 8,5 Millionen Hektar auf 64 Millionen Hektar wachsen sollen, treibt Umweltschützer auf die Barrikaden. Denn zur Erzeugung von Bioethanol sind nicht nur die Pflanzen, sondern auch eine große Menge Wasser notwendig.

An der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, ob Biosprit nicht gar mehr Umweltfolgekosten aufweise als herkömmlicher Treibstoff auf Erdölbasis, beteiligt sich Brasilien erst gar nicht. Auch ein im Rahmen eines G8-Gipfels entwickeltes Nachhaltigkeitszertifikat findet in der brasilianischen Praxis keinen Widerhall. Man verfolgt seinen Wachstumskurs ohne Rücksicht auf neue Klimaforschungen. Die intensive Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für Treibstofferzeugung hat auch Folgen für den Weltzuckerpreis. Er hat sich seit 2005 nahezu verdreifacht. (tan)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung