Klerus und Strafrecht

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Ein Bericht zu sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche wurde dem Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen übermittelt.

Inwieweit kommt Österreich seiner Verpflichtung nach, Minderjährige vor sexueller Ausbeutung durch Geistliche zu schützen? Auch damit hätte sich der un-Kinderrechtsausschuss in Genf beschäftigen sollen, wenn es nach dem Kinderschutzzentrum Wien und der us-amerikanischen Vereinigung Catholics for a Free Choice gegangen wäre, die dem Ausschuss für die Sitzung vom vergangenen Freitag einen Bericht übermittelt hatten. Titel: "Sexueller Kindesmissbrauch durch Angehörige der römisch-katholischen Kirche in der Republik Österreich".

Hauptkritikpunkt ist, dass Geistliche nicht als Autoritätspersonen im Sinne des Strafrechtes gelten, im Gegensatz beispielsweise zu Aufsichtspersonen, denen sexueller Kontakt zu minderjährigen Schutzbefohlenen verboten ist. So werden also Schüler vor Übergriffen durch Lehrer geschützt, nicht jedoch Ministranten vor Priestern. Und während Ärzten und Psychotherapeuten sexuelle Beziehungen sogar zu erwachsenen Klienten verboten sind, würden "sexuelle Übergriffe im Rahmen der Seelsorgetätigkeit und der Beichte offenbar nicht gleich bewertet wie psychotherapeutische oder ärztliche Leistungen." Nebenbei wird in dem Papier auch der Umgang der katholischen Kirche mit bekannt gewordenen Fällen sexueller Gewalt als uneinheitlich und verschleiernd kritisiert.

Der un-Kinderrechtsausschuss hat den Bericht im Zuge der Befragung der Österreich-Delegation nicht gesondert behandelt. Nachgefragt hat er dennoch, ob es für Geistliche in der Strafverfolgung einen Sonderstatus gebe.

Und den gebe es nicht, betont Helmut Schüller, Leiter der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche. "Wir unterstützen den Bericht grundsätzlich", erklärt er. Allerdings gebe es offenbar den Verdacht, dass Geistliche innerhalb der staatlichen Strafverfolgung geschont würden. "Das trifft nicht zu. Sie unterliegen der normalen Strafgerichtsbarkeit."

Auf innerkirchlicher Ebene bestehe jedoch tatsächlich Aufholbedarf, vor allem unterstütze auch er die Forderung nach einem für Opfer und Täter nachvollziehbaren, transparenten Vorgehen. Zudem sei es nötig, bereits während der Priesterausbildung und in den Pfarren das Thema zu behandeln. Klare Regeln für das Verhalten gegenüber Schutzbefohlenen und eine strenge Eignungsprüfung bei der Auswahl von Klerus und Laien sind weitere Anliegen Schüllers.

Zur Frage der Einordnung Geistlicher als Autoritätspersonen erklärt der Leiter der Ombudsstelle, die Österreichische Bischofskonferenz habe einer solchen mittlerweile zugestimmt. Was Holger Eich vom Kinderschutzzentrum Wien als "Erfolg des Berichts" verbucht. Denn bisher habe sich die Volkspartei gegen diesen Schritt gewehrt, "jetzt hat die Bischofskonferenz die övp links überholt." Ob dieser Beschluss im Strafrecht auch berücksichtigt wird, ist freilich eine andere Frage. claf

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