Koma-Klamotte mit Klamauk

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Wir leben in ernsthaften Zeiten. Dass diese einem mitunter zum Überdruss gereichen, dieses Gefühl hat wohl jeder schon gehabt. Wo Unlust um sich greift, da muss man sich vielleicht bei einem Lustspiel lachend erholen? So ähnlich vielleicht lautete das schlichte Kalkül, das sich das Burgtheater mit der Ansetzung des 1889 uraufgeführten Lustspiels "Pension Schöller" von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby gemacht hat.

Die Handlung dieses Boulevard-Klassikers ist einfach: ein Kleinbürger vom Land kommt in die Stadt und möchte etwas erleben. Allerdings steht ihm der Sinn nicht nach deftigen erotischen Abenteuern, wie der Boulevard-erfahrene Zuschauer annehmen möchte. Nein, es darf durchaus etwas Schrägeres sein: ein richtiges Irrenhaus mit richtigen Verrückten will er kennenlernen. Der pflichtbewusste Neffe, dem die Wunscherfüllung des Onkels obliegt, führt ihn mangels Alternativen stracks in die brave Pension Schöller, die - so sein Schwindel - das ersehnte Tollhaus sei. Ganz nach Habermas' Motto "Erkenntnis und Interesse" sieht sich der erlebnishungrige Onkel bald umstellt von nichts als Wahnsinn.

Eine Posse, die nicht gelingen will

Mit dem doppelten Boden, der diesem frugalen Setting anhaftet, zum Beispiel dass Wahnsinn bloß ein Frage der Perspektive sei, will Regisseur Andreas Kriegenburg nichts anfangen. Sein Wille ist der zur Posse und nichts als Posse. Das Problem dabei ist nur, dass Kriegenburg dort, wo Blödsinn draufsteht, Blödsinn nicht kann! Das führt dazu, dass selbst dem hochkarätigen Ensemble des Burgtheaters während mehr als drei Stunden der Slapstick nicht gelingen will. Ihre Figuren sind Karikaturen oder überdrehte Nervenbündel: etwa Christiane von Poelnitz als hysterische Schriftstellerin mit Hang zu Zirkuseinlagen, Max Simonischek als der verhinderte Schauspieler, in dessen Aussprache jedes L durch ein N ersetzt wird und dessen Lieblingsdramatiker fatalerweise auch noch "Schinner" ist oder Roland Koch als Onkel, von Anfang an eine eindimensionale Figur am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Auch die Bühne von Harald B. Thor ist ein beredtes Zeugnis der Absicht dieses Abends. Fünf backsteinerne Silhouetten mit Türen und Balkönchen ragen in die Höhe. Die Fragmente entpuppen sich als Buchstaben, die das Wort "Smile" ergeben. Aber selbst diese ostentative Aufforderung hat wenig genützt. Immerhin beschied sich der Regisseur damit, uns lediglich zum Lächeln aufzufordern. Zum Lachen war die Bemühung nämlich nicht. Ein Schmunzeln hie und da, gewiss. Mehr aber war an diesem traurigen Abend nicht.

Pension Schöller Burgtheater, 30. Okt., 6., 8., 21. Nov.

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