Macht der Verbände, Einfluss des Kultusamts

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Vor vier Jahren fanden in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) letztmals Wahlen statt. Damals gab es einen österreichweiten, recht komplizierten Wahlvorgang, die vom damaligen Präsidenten Anas Schakfeh entwickelte Verfassung der IGGÖ versuchte ethnische Dominanzen in den Gremien hintanzuhalten und auch den Frauenanteil in den Gremien zu sichern.

Mit der neuen Verfassung, die Anfang 2015 vom Schurarat, dem "Parlament" der IGGÖ, auf den Weg gebracht wurde, gehen Österreichs Muslime nun einen anderen Weg. Künftig werden die Verbände, die aufgrund der Herkunftsländer der Muslime organisiert sind, den Schurarat dominieren -und das Kultusamt, das seit der Regierungsumbildung bei Staatsekretärin Muna Duzdar ressortiert, spielt keine geringe Rolle dabei.

Denn nach dem Islamgesetz 2015 können sich innerhalb der IGGÖ Kultusgemeinden konstituieren, die vom Kultusamt genehmigt werden. Laut der Verfassung müssen Kultusgemeinden aus mindestens zehn Moschee-Einrichtungen und 1000 Personen bestehen.

Am 19. Juni wird neu gewählt

In den Schurarat entsendet jede Kultusgemeinde vier Delegierte. Bislang haben 30 Kultusgemeinden beim Kultusamt die Anerkennung beantragt, davon 19 türkischer Herkunft. Allein sechs davon werden vom Verband ATIB, der der Religionsbehörde in Ankara untersteht, gebildet. Dazu kommen vier bosnische, zwei albanische, drei arabische, eine asiatische und eine schiitische Kultusgemeinde. Bei Redaktionsschluss der FURCHE waren laut Angaben der IGGÖ 16 dieser Anträge vom Kultusamt positiv entschieden worden.

55 Moscheegemeinden und 21 Fachvereine haben sich keiner Kultusgemeinde angeschlossen. Deren Obleute bilden den Beirat zum Schurarat, der seinerseits sechs Delegierte in den Schurarat entsendet. Für Unabhängige ist es in dieser Konstellation schwieriger, sich im Schurarat Gehör zu verschaffen. Daher hatte etwa die "Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen" im Jänner gegen die neue Verfassung gestimmt, weil sie eben die Benachteilung kleinerer Verbände und die Dominanz der türkischstämmigen Muslime befürchtete.

Doch die Verfassung ist in Kraft und die Anerkennungsverfahren beim Kultusamt laufen. Am 19. Juni soll sich der Schurarat neu konstituieren - man hofft, dass dann alle 30 Kultusgemeinden die Anerkennung erlangt haben. Der Schurarat wählt dann den Obersten Rat, die Exekutive der IGGÖ, an deren Spitze der Präsident steht.

Ob Fuat Sanaç für dieses Amt nochmals kandidieren wird, ist offen. Denn die Karten in der IGGÖ werden völlig neu gemischt. Kritiker argwöhnen, dass die großen Verbände ihre je eigenen Interessen verfolgen werden, und die IGGÖ nur mehr als Dachverband für einige wenige Agenden (Religionsunterricht, Seelsorge in Heer, Krankenhäusern, Haftanstalten) fungieren wird, was aber der derzeitige IGGÖ-Präsident auch im obigen Interview bestreitet.

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