Malen mit Pickel, Seil und Pinsel

Werbung
Werbung
Werbung

Die Sonderaustellung "Hohe Tauern“ im Salzburg Museum zeigt alte und neue Blicke auf Österreichs höchste Berge und beweist, dass Bergmalerei damals wie heute entgegen manchem Vorurteil nichts mit Heroismus und Heimatkitsch zu tun haben muss.

Wetterfest mussten sie sein, ausdauernde Geher, anspruchslose Reisende, sportlich und mutig um Gletscherspalten zu überwinden oder Felsaufschwünge zu erklettern. "Die Bergmalerei verlangt mehr als jede andere Thematik nach Spezialistentum. Der Dreitausender muss erstiegen werden, das ist etwas anderes als eine Staffelei in einer Parklandschaft aufzustellen“, schreibt Nikolaus Schaffer, einer der Kuratoren der Salzburger Sonderausstellung "Die Hohen Tauern“, im Ausstellungskatalog. Eine "puristisch-kopflastige Auffassung“ von Kunst sieht es aber nicht gern, so Schaffer, wenn der Künstler zur künstlerischen Leistung auch noch eine körperliche vollbringt. Das sei mit ein Grund dafür, dass "die Klassifikation als Bergmaler bis dato fast einem Schmähwort“ gleichkommt.

Mit Honig und Glyzerin

Schaffers Apologie für die Bergmalerei ist eindeutig, wenn er dem "Expertendünkel mit seinem intellektualistischen Kunstverständnis“ das Comeback der Bergmalerei entgegenhält, einer Bergmalerei, die von den alten Vorurteilen, ein Hort von Heroismus, Kitsch und Heimattümelei zu sein, nichts mehr wissen will: "Jüngere Künstler agieren offensichtlich wieder mehr am Lebenspuls und lassen sich weniger von theoretischen Erwägungen determinieren.“

Soviel zum Überbau der Hohe-Tauern-Ausstellung im Untergeschoß des Salzburg Museums: Hier findet auch Rückeroberung von künstlerischem Raum statt, wird der "mentale Alpenblock“ (© Wolfgang Kos) zertrümmert, um freie Sicht für den Alpenblick zu schaffen. Bei der Basis geht die Salzburger Schau nicht so weit wie die Innsbrucker Alpenvereins-Ausstellung "Berge, eine unverständliche Leidenschaft“, wo ein Aquarellkasten mit der These ausgestellt ist: "Ohne die Erfindung des Farbkastens wären die Alpen vielleicht nie zum Reiseziel geworden.“ Denn erst der Zusatz von Honig und Glyzerin im 19. Jahrhundert hat Wasserfarben pressbar und rucksacktauglich gemacht.

Kein Farbmangel, dafür aber die späte Anbindung ans Eisenbahnnetz und die Konkurrenz durch die Westalpen zwangen die Hohen Tauern lange in den künstlerischen Dornröschenschlaf. So klagte der Wiener Maler Adolf Obermüllner noch 1883: "Die Agenten für England, Amerika oder den internationalen Markt überhaupt nehmen und beauftragen nur Schweizer Motive, und wenn ihnen tyroler Gegenden sehr schön im Bild erscheinen, taufen sie selbe zuweilen in eine schweizerische Gegend um …“

Kammwanderung auf höchstem Niveau

Doch nachdem die Tauern einmal entdeckt waren, gab es im 19. und 20. Jahrhundert kaum einen wichtigen Bergmaler bzw. ein wichtige Bergmalerin, der oder die den Tauern nicht Augenmerk und Pinselstrich widmete. Im 21. Jahrhundert setzen Maler wie der Argentinier mit österreichischen Wurzeln Helmut Ditsch oder die Pinzgauer Wolfgang Wiesinger und Helene Maria Schorn diese Tradition fort. Wobei den Salzburger Höhenmeter-Mix keine Schlucht zwischen dem Damals und Heute trennt. Diese Zusammenschau aus drei Jahrhunderten ist eher mit einer herrlichen Kammwanderung auf höchstem künstlerischen Niveau zu vergleichen, wo sich eine wunderbare Spitze an die nächste reiht. Und Gott sei Dank gilt für die Bergmalerei nicht, was Gustav Mahler einmal für seine Musik reklamiert hat, als er einem Freund beim Anblick des Höllengebirges am Attersee sagte: "Sie brauchen gar nicht mehr hinzusehen - das habe ich schon alles wegkomponiert!“

Die Hohen Tauern

Kunst und Alpingeschichte

Salzburg Museum, Mozartplatz 1, 5010 Salzburg

bis 20. Jänner 2013, Di-So, 9-17 Uhr

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung