Nackt unter Angekleideten

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Die Freundin der späten Jahre, Milena, schrieb über Franz Kafka: "Er ist nie in ein schützendes Asyl geflohen, in keines. Darum ist er allem ausgesetzt, wovon wir geschützt sind. Er ist wie ein Nackter unter Angekleideten."

Franz Kafkas Roman-Fragment "Der Prozess" wurde schon 1953 von Gottfried von Einem vertont und bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt, Philip Glass hat seine zweiaktige Kammeroper "The Trial" 2014 in London uraufgeführt, die österreichische Erstaufführung hat Intendant Carl Philip von Maldeghem für das Salzburger Landestheater gewonnen. "Der Prozess", dessen Libretto von Christopher Hampton stammt, ist so etwas wie eine Autobiographie des einsamen Versicherungsbeamten Kafka. Die Geschichte dieser Ohnmacht gegen einen gnadenlosen anonymen Justizapparat ist 1914 entstanden, eine grausame Begebenheit samt Entfremdung und Einsamkeit. Totalitäre Methoden vernichten einen Menschen, langsam, psychisch zunächst und zuletzt physisch, getötet "wie einen Hund".

Von Maldeghem hat als Regisseur für diesen "Prozess" eine Welt in Gang gesetzt, deren Mühlen langsam, aber schrecklich fein mahlen. Eine drehbare Sitzbank (Bühnenbild Thomas Pekny) etwa lässt sich als Mühle deuten, durch die Josef K. langsam und langsam immer mehr durchgequetscht wird - bis zu seiner Vernichtung. Worin sein Vergehen besteht, das erfährt K. nie.

Die Musikrichtung, die Glass vertritt, wird als Minimal Music bezeichnet, die um 1965 in Amerika aufgekommen ist und die auf ständiger Wiederholung und geringfügigen Variationen kurzer und einfacher melodischer oder rhythmischer Grundmodelle basiert, so die Theorie. Ein kurzer Trommelwirbel eröffnet die Kammeroper und dann hat man nicht den Eindruck, dass besonders interessante Figuren vorgeführt oder Klangteppiche ausgerollt würden -eben minimalistisch.

Acht Solistinnen und Solisten bewältigen überzeugend, zum Teil großartig, die 28 Partien, allen voran George Humphreys als Josef K., der zur Zeit auch in Rossinis "La Gazzetta" den Filippo singt, alternierend mit Jacob Scharfman, der in "The Trial" als Gefängniskaplan in roter Soutane (Kostüme Alois Dollhäubl) mit der "Türhüterlegende" überzeugt. Das verquere Verhältnis Kafkas zu den Frauen zeigen Anne-Fleur Werner und Katie Coventry. Franz Supper, Raimundas Juzuitis und Michael Schober und als Gast William Ferguson komplettieren das Ensemble. Das Mozarteumorchester Salzburg unter Robin Davis bewies seine Möglichkeiten auch in der Kammerbesetzung. Das Publikum zeigte sich überwiegend begeistert von dem Abend.

Der Prozess -The Trial Salzburger Landestheater 7., 15., 19. und 22. März 2019

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