Populismus mit Tiefgang

Werbung
Werbung
Werbung

"Indien" im Volkstheater

Das Programmheft erweckt den Eindruck, das Stück trage den passenden Titel "Rülps!", doch die als Film zu Kultstatus gelangte Tragikomödie der beiden Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer heißt auch im Wiener Volkstheater "Indien". Hier sind Direktor Michael Schottenberg und Heribert Sasse (Bild) in die Hauptrollen geschlüpft und haben in der 100-Minuten-Produktion ohne Pause auch gleich gemeinsam die Regie übernommen.

In vorwiegend auf Stoff gemalten provinziellen Wirtsstuben (Bühne: Michael Zerz) gehen die Herren Bösel (Sasse) und Fellner (Schottenberg) ihrem Job als Gastronomieprüfer nach, kommen einander in Gesprächen über Menschliches und Allzumenschliches näher und lassen dabei zunehmend, zumindest verbal, "die Sau raus". Das Schwelgen in Sexual- und Fäkalkomik ist ein altbewährter Theaterpopulismus, der in "Indien" durch ein Kippen ins Tragische mit Tiefgang unterlegt wird.

Kurt Fellner, der Gebildetere der beiden, hat nämlich Krebs. Als sich das Geschehen in sein Spitalszimmer verlagert, füllt nicht mehr die Stimme von Connie Francis ("Die Liebe ist ein seltsames Spiel"), sondern das Geräusch eines Pressluftbohrers die Zeit zwischen den Szenen. Der ordinäre Bösel ist der einzige, der den Todkranken besucht und dabei zum Gaudium des Publikums verkündet, mit seinem neuen Kollegen, einem "Primitivling", könne er nicht so gut reden wie mit Fellner.

Schottenberg und Sasse beherrschen ihr Metier, ob nun Mut zur Peinlichkeit oder glaubwürdige Darstellung von zwei nicht gerade intellektuellen Menschen, die bisweilen einem anderen ihr Herz ausschütten wollen, verlangt ist.

Die Nebenrollen von Wirt, Arzt und Pfarrer steuert eher klischeehaft Christoph F. Krutzler bei. Doch die Vertreter der leiblichen Genüsse, des Wissens oder des Glaubens verblassen in diesem Stück, das auf hintergründige Art den Wert einer menschlichen Beziehung in den Vordergrund rückt und dabei auch - dem Titel entsprechend ist wiederholt von Indien und da auch vom Glauben an die Wiedergeburt die Rede - die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt.

Das Premierenpublikum bedachte die Protagonisten und Regisseure mit lebhaftem Applaus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung