Was wäre, wenn nicht ATVplus die Speerspitze des heimischen Privatfernsehens wäre, sondern der LRF - also die Liechtenstein'sche Radio- und Fernseh-Anstalt, die - trotz des kleinststaatlichen Namens - allerdings der Mediaprint gehören würde? Und das nicht erst seit gut einem, sondern seit 20 Jahren?
Sie halten derartige Konstellation für absurd? Im - zehnmal so großen - TV-Land Deutschland ist genau diese seit Jahr und Tag vollkommene Wirklichkeit: 20 Jahre gibt es da nun schon den Sender RTL, der den Zwergstaat Luxemburg im Namen führt und Deutschlands - nein: Europas! - größtem Medienhaus Bertelsmann gehört.
Trotz der 20 Jahre und allerlei Superlativen, mit denen sich RTL in der deutschsprachigen Fernsehlandschaft brüsten kann - das erste tägliche Boulevardmagazin (Explosiv - seit 1992), die erste Daily Soap (Gute Zeiten, schlechte Zeiten - seit 1992, soeben das 3.000. Mal on air), die erste tägliche Talkshow (Hans Meiser, 1992 bis 2001) -, geriet der Sender ins Gerede, weil die Einschaltziffern, wenn schon nicht purzeln, so doch nicht berauschen: 16,1 Prozent Marktanteil hatte Privat-Marktführer RTL 1998, heute weist die Marktforschung nur mehr 14 aus.
Doch unsereinen ficht der Rückgang der Quoten, der Fetische des Privatfunks, viel weniger an als nationale Unbill: Von Anfang an war RTL fest in österreichischer Hand: Zunächst lenkte Rabiatperle Helmut Thoma die Geschicke der Anstalt, ihm folgte der als SP-Kanzlersekretär wie als ORF-Oberer gestählte Gerhard Zeiler. Und RTLs Nummer zwei, Hans Mahr, kam von der Krone nach Köln - und festigte gleichfalls die Ösi-Macht am Rhein. Doch Zeiler, der seit einem Jahr auch die RTL Group mit 26 TV-Sendern in Luxemburg leitet, wirft das Handtuch in Köln (er wird nur mehr den Job in Luxemburg machen), und auch Hans Mahr wird gehen. Mit 1. November - Österreichs Trauertag beim großen TV-Bruder.
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