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Kubbein ...

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Ist Ihnen jene Dame bekannt, die, gülden gewandet, auf einem Geldberg hockt, ins Volle greift und die Scheine über sich regnen läßt? Richtig, es ist die Rubbel-Dame, die an der richtigen Stelle - „hier, nibbeln Sie hier” - gerubbelt hat. Und kennen Sie auch schon das neueste Rubbel-Glück? Nix mehr Gold, nix mehr Geldhaufen, nix mehr Paradies. Statt dessen: nüchtern portionierte 10.000 Schilling monatlich und ein Leben lang für den Toprubbler. Gewinnen Sie einen Mindestlohn! Errub-beln Sie sich Ihr Existenzminimum!

Vielleicht klingt das ja nur in meinen Ohren so. Allerdings: ganz ohne Absicht wird die Werbeagentur der Rubbel-Company das Glück wohl nicht entmythologisiert haben. Es ist, erstens, schon ein Glück, monatlich seine 10.000 Schilling sicher auf dem Konto zu wissen, und warum sollte, zweitens, der einfache Mensch zur Deckung seiner existentiellen Bedürfnisse nicht endlich auch mitmachen dürfen dabei, was andere, finanziell besser Positionierte, längst virtuos praktizieren - frei nach dem Motto: Geld kommt nicht vom Arbeiten, Geld kommt vom Spielen? Spekulieren die einen mit Aktien, sollen die anderen doch nibbeln. Und dazu ihren Spaß haben, denn Spiel und Spaß gehören einfach zusammen. Eintritt in die Casinogesellschäft, Eintritt in die Spaßgesellschaft für alle! (Über-)Leben ist Glückssache! Machen Sie mit, haben Sie Spaß!

Vorbereitet sind die einfachen Menschen ja bestens, sie haben ihre ljektionen am Arbeitsmarkt gelernt: Engagement, Ausbildung - für die Katz, wo blindwütig rationalisiert wird. Leistungsgerechte Entlohnung - immer noch ein Fremdwort, wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld kassieren als Männer und sich Managergehälter um Äonen vom Einkommen Normalsterblicher entfernen. Und vom Wohlfahrtsstaat ist sowieso nichts mehr zu erwarten -nehmen wir's endlich zur Kenntnis.

Sogar die Wissenschaft hält sich brav an die Spielregeln. Jedenfalls lassen sich die großen Preise, zum Beispiel der Wirtschaftsnobelpreis, damit gewinnen, Börsenspekulanten brauchbare Systeme der Wahrscheinlichkeitsrechnung in die Hand zu geben.

Bei den einfachen Menschen, den Bubblern, ist das entsprechend einfacher: jedes sechste Los, munkelt man, ein Gewinn. Nun denn, es muß ja nicht die Börse sein - auf in die Trafik! Seien Sie ein „winner” - rubbeln Sie, „rubbeln Sie hier, ja, ja”.

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