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Ein deutscher „Herr Karl“

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Rückblicke in die jüngste deutsche Vergangenheit werden zunehmend ein Thema von Autoren. Zu den eindrucksvollsten Zeugnissen dieser Art gehört Josef Ippers Buch „Killians Zeiten“. Die Familiengeschichte eines „kleinen Mannes“ zwischen 1930 und 1980, ihres von der Zeit begünstigten Aufstiegs, und nach langen erfolgreichen Jahren beginnenden psychischen und existentiellen Abstiegs.

Fritz Killian, ein deutscher „Herr Karl“, geschickter Anpasser, schafft es, vom Hilfsarbeiter zum Treuhänder seines Betriebes aufzusteigen.

Seine beiden Söhne zeigen sich erstaunlich unbeeinflußt vom Opportunismus ihres Vaters. Als Killian sich mit einem jungen Mädchen verlobt, (die Mutter war bei Kriegsende gestorben), verlassen die beiden Halbwüchsigen das Elternhaus.

Schorsch, der ältere Sohn, kehrt bald zurück und versucht ein „anständiger Mensch“ zu werden. Siggi, der Jüngere, lange verschollen, von seinem erfolgreichen Bruder zufällig wiedergefunden und an die Hand genommen, schafft nicht den Übergang in ein gutbürgerliches Dasein, verkommt als Säufer.

Die Frauen der beiden Killian- söhne emanzipieren sich, schaffen sich eine eigene Existenz. Rut, eine Tochter Siggis, landet in Kreisen deutscher Systemgegner.

Ippers schildert treffend Zeitkolorit: den Überlebenswillen kleiner Leute im Bombenhagel der Alliierten und in den Trümmerjahren der Nachkriegszeit, den Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder. Das alles im Rahmen eines Milieus, in dem der Autor sich auskennt. Ein ehrliches Buch, das zur Selbstbefragung über jene unseligen Zeiten anregt.

KILLIANS ZEITEN. Von Josef Ippers. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1981. 384 Seiten. öS 261.80.

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