Deix, schau oba

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Wie hätte Deix heute ein satirisches Sittenbild skizziert, fragt Lydia Mischkulnig und malt eine Möglichkeit aus. Denn: Satiren braucht das Land.

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Wie hätte Deix heute ein satirisches Sittenbild skizziert, fragt Lydia Mischkulnig und malt eine Möglichkeit aus. Denn: Satiren braucht das Land.

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Der Senat des Oberlandesgerichts Wien hat Satire, kreative Kritik, von übler Nachrede nicht getrennt. Eine Schulung in ironischer Distanz, als Stilmittel gewisser Textsorten, kann für Differenzierung sorgen. Florian Scheuba hat das Ibiza-Video als eine Meisterleistung deftig österreichischer Aufdeckungskunst dargestellt, die durch eine gründliche Vorfeld-Recherche politischer Unkorrektheiten verhindert hätte werden können. Meine Häme über die sich selber verarschenden Typen in der Realsatire Ibiza blieb mir damals im Halse stecken. Imponiergehabe mit politischem Missbrauch kommt vor wie das Amen im Gebet gewisser Netzwerke.

Scheuba hat in seiner inkriminierten Kolumne ein satirisches Sittenbild skizziert. Wie hätte es Deix gezeichnet? Einen Schreibtisch-Untätigen, einen Spitzenpolizisten, der statt zu arbeiten gedankenverloren an seinem Zumpferl spielt, obwohl ein Anwalt von den korrupten Machenschaften des künftigen Koalitionspartners berichtet? Der Beamte schaut nur auf ein Bild an der Wand, kann sich das Ibiza-Video mit dem Vizekanzler im Ripp-Leiberl und seinem Peng-Peng-Partei-Freund nicht richtig ausmalen. Sein Ibiza-Bild hängt nämlich schief, fast schon am Fußnagel einer falschen Oligarchin, könnte man sagen. Deix, alter Meister, laufen die Leinen der Hunde mit Arschgesichtern nicht immer in einer Hand zusammen? Das Hochamt der Satire legt Wahrheitskerne solcher Natur frei.

Schau oba, Deix! Auch Scheubas satirische Kunst passt nicht in ein harmloses Eck, wo alles lacht. Das nicht rechtskräftige Urteil gegen die satirische Kolumne des nicht rechtskräftig Verurteilten rüttelt die Frage nach einem gar nicht so schleichenden Einzug der Zensur wach. Ein die Ironie nicht erkennender Senat läuft Gefahr, die Satire auszumerzen und ihre Macht der Distanz zur Zensur zu canceln: eine Gefahr für die Demokratie. Wie würde Deix darauf reagieren? Mit Satire. Wie soll man sich auch sonst erleichtern?

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