Alle Appelle, die Bischöfe jetzt im Zusammenhang mit dem Medienfall Groer (ist er ein solcher oder wird daraus ein Moralfall Groer?) an die Öffentlichkeit gerichtet haben, sind nur zu begrüßen. Natürlich darf es nicht so weit kommen, daß in Österreich Menschen „Freiwild” werden, natürlich hat Journalismus vor allem die Menschenwürde zu achten! Welcher anständige Mensch und nicht nur Christ oder Katholik wird etwas dagegen haben, wenn jetzt auch die Ehrfurcht vor dem geistlichen Amt eingeschärft wird?
Wir wissen nicht nur aus der amerikanischen Medienszene, wie leicht heute schwerste Anschuldigungen gegenüber Persönlichkeiten in der Offenlichkeit publiziert werden können, wie leichtfertig damit umgegangen wird und wie schwierig es ist, den Dschungel von Angriffen, Meinungen, Interpretationen zu entwirren. Zurück bleibt nicht selten ein zerstörter Mensch.
Niemand, das zeigen die veröffentlichten Solidaritätsbekundungen für Kardinal Hans Hermann Groer, hält den Wiener Erzbischof für fähig, das vor Jahren getan zu haben, wessen ihn ein ehemaliger Zögling anklagt. Aber darum geht es - leider - nicht. Es geht um die Wahrheit. Warum schweigt der Kardinal noch? Diese Ungeheuerlichkeit, die ihm da vorgeworfen wird, muß ihn doch als geistiggeistliche Führungspersönlichkeit herausfordern! Ich denke, er muß doch all jene beruhigen, die seinerzeit Kinder als Zöglinge seiner Obhut anvertraut haben.
Die Wahrheit wird euch frei machen, heißt es im Evangelium. Weihbischof Schönborn hat auf den Rechtsweg verwiesen, der dem Ankläger offengestanden wäre. Dieser steht auch dem Wiener Erzbischof zur Verfügung. Ein Beispiel, wie man mit so einer Sache umgehen muß, hat der ähnlich beschuldigte Chicagoer Kardinal Bernardin mit einem öffentlichen Verfahren gegeben. Schweigen nährt in so einem Fall nur weitere Gerüchte.
Herr Kardinal, wir wissen, wie getroffen Sie sind, aber bitte schaffen Sie Klarheit!
