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Nackt ist passe

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„Nur drei Nackte in einer ganzen Werbeausstellung“, erklärte stolz Münchens Messepressechef Hofer anläßlich der Interpublica, der ersten internationalen Fachausstellung für alle Medien der Wirtschaftswerbung in München.

Tatsächlich hat sich erstmals gezeigt, daß nach den Illustrierten nunmehr auch die nackte Welle in der Werbung ihrem Ende entgegengeht. Drei Firmen waren es, die noch in ihren Ausstellungsobjekten nackte Frauenkörper für den „Gag der Saison“ hielten. Eine Werbeagentur, die erklärte: „Wir sind immer potent", und auf der Rückseite ein Mischlingsweibchen mit nacktem Oberkörper vorstellte, ein Werbephotostudio, das auf einige Nudisten nicht verzichten wollte und schließlich ein Werbeprospekt für deutsche Anzeigenblätter, der mit dem Knüller „Nackte Informationen“ ein Mädchen mit Transparentbluse auf der

Titelseite präsentierte. Damit war es aber zu Ende.

Verhüllt regierte wieder die neue Linie in der Werbung. Nicht verhüllen konnte man aber, daß die deutsche und gesamteuropäische Werbewirtschaft in den nächsten Jahren eher in Krisenzeiten denn in Zeiten einer neuen Hochkonjunktur hinein- zuschlittem scheint.

Besonders besorgniserregend waren dabei die jüngsten Minusziffern, in die viele deutsche Illustrierte, Magazine und Fachzeitungen, aber auch Tages- und Wochenzeitungen im Anzeigengeschäft hineintrudelten. Das sind Krisenzeichen, die in Österreich zweifellos erst wie immer verspätet und wahrscheinlich auch diesmal wieder abgeschwächt auftreten dürften. Deutschland aber hat schon jetzt seine ersten Schwierigkeiten.

So scheint es mit dem Leben zu zweit mindestens in Druckbuchstaben bergab zu gehen. Ende September 1971 weist nämlich „Jasmin“ im Anzeigengeschäft am deutschen Markt ein Minus von 18,5 Prozent aus. Ähnlich hohe oder noch höhere Minuszahlen müssen aber auch andere prominente Zeitungen melden. So haben die „Burda-Moden“ sogar einen Anzeigenrückgang um rund ein Viertel, nämlich um 23 Prozent, festzustellen, auch bei Burdas „Bunter Illustrierten“ war immerhin noch ein Minus von 22,2 Prozent auszuweisen. Auch die anderen Illustrierten haben Sorgen. Die „Neue Revue“ und „Quick“ sowie der „Stem“, bisher Hauptbannerträger der nackten Welle, haben Minus- ziffem zwischen 3,5 und 7,7 Prozent in ihrem Anzeigengeschäft.

Funk- und Fernsehzeitschriften haben ebenfalls, wenn auch leichte. Minusziffem an ihrem stets bisher auf Aufschwung zeigenden Anzei- geiibaromeiter festgestellt.

Sogar die beliebten Frauenzeitungen „Freundin“ und „Für Sie“ haben mit minus 3,3 und 5,3 Prozent in ihrem Anzeigengeschäft Sorgenfalten um den sonst so lächelnden Frauenmund. Bel den Modezeitschriften geht es mit ganz wenigen Ausnahmen („Petra" plus 1 Prozent) ebenfalls bergab, und die Wochenzeitungen wie „Bild am Sonntag“ mit minus 4,8 Prozent, „Deutsche Zeitung“, „Ohrist und Welt“ minus 6,7 Prozent, .Allgemeines Deutsches Sonnitagsblatt“ minus 2 Prozent, „Die Zeit“ minus 1,1 Prozent, „Rheinischer Merkur“ minus 5,2 Prozent und sogar Franz Josef Strauß’ „Bayernkurier“ mit 3,2 Prozent zeigen ebenfaUs einen Trend nach unten.

Lediglich die „Welt am Sonntag“ weist einen Zuwachs von 14,9 Prozent auf, und die katholische Wochenzeitung „Publik“ mit plus 3,6 Prozent zeigte aufstrebende Tendenzen vor dem Ende.

Linksblätter wie „Pardon“ und „Konkret“ haben auch durchwegs Minus in den Anzeigenseiten, und die Chefllnken von Deutschland im „Spiegel" müssen ein Minus von 6,9 Prozent ausweisen.

Beendet scheint allerdings in der Deutschen Bundesrepublik die Liebe zum Auto nicht zu sein. Denn wie wäre es sonst erklärlich, daß die Autozeitschriften, von „ADAC“ bis zur „Mator-Redse-Revue“, von der „Autazeiturig“ bis zum „Lenkrad“ ohne Ausnahme Aufschwungziffern vermelden können, die zwischen

1 und 13 Prozent liegen.

Noch liegen ähnliche Berichte für die deutschen Tageszeitungen nicht auf, und tro+zdem muß bereits fest- gestellt werden, die Zeichen der Krise sind unübersehbar. So war es auch erklärlich, uaß man auch bei Interpublica 1971 sich bereits mit wichtigen Fragen der Werbung befaßte, unter anderem, ob nicht vielleicht der Konsument „von den Medien überfordert’ werde.

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