"Auf bloße Behauptungen sperren wir niemanden"

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Herbert A. Beck, Leiter der Abteilung Gästeangelegenheiten der Casinos Austria, über den Umgang des Unternehmens mit Spielsüchtigen.

Die Furche: Sie haben von Berufs wegen oft mit krankhaften Spielern zu tun. Wie fühlen Sie sich in Ihrem Job?

Herbert A. Beck: Man erlebt natürlich, dass Spielen etwas ist, was gesellschaftlich akzeptiert und völlig harmlos ist, dass es aber eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die mit diesem Produkt Probleme bekommen können. Im Einzelfall geht es darum, zu schauen, ob die Entwicklung nach der Einschätzung der Spielweise des Gastes noch tolerierbar ist oder ob wir eingreifen müssen: Das reicht von der Totalsperre bis zur Besuchsbeschränkung und zum Einkommensnachweis.

Die Furche: Wie viele Personen sind bei den Casinos Austria gesperrt?

Beck: Insgesamt sind es mehrere 10.000 Personen, die im Casino gesperrt sind, aber es gibt mehrere Gründe dafür. Wegen problematischen Spielens oder mangelnder finanzieller Voraussetzungen sprechen wir zwischen 400 und 500 Sperren pro Jahr aus, dazu kommen noch 200 bis 300 Selbstsperren, wenn die Gäste sagen, ich möchte mich für eine bestimmte Zeit oder auf Dauer von der Besuchsmöglichkeit im Casino ausschließen.

Die Furche: Wann greift das Casino von sich aus ein?

Beck: Das hängt von den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen ab. Was wir ständig beobachten, ist die Besuchshäufigkeit. Von rund einer Million physischer Personen, die in einem Jahr österreichweit ins Casino kommen, tun das 70 Prozent nur ein Mal jährlich. Zwei Mal pro Monat oder öfter kommen nur zwei Prozent. Das ist eine kleine Gruppe, die gewichtet auf die zwölf Casinos gut im Auge behalten werden kann. Wenn jemand häufig und mit großem Einsatz spielt, geht im Regelfall ein leitender Mitarbeiter auf ihn zu und bittet ihn, bei seinem nächsten Besuch einen Einkommensnachweis vorzulegen. Wenn diese Unterlagen nicht entsprechen, dann nehmen wir die Beschränkung der Besuchsmöglichkeit vor. Es kommt auch vor, dass Angehörige oder wirtschaftlich abhängige Personen an uns herantreten. Auch hier muss der Antragsteller etwas in der Hand haben. Auf bloße Behauptungen sperren wir niemanden. Wenn natürlich am Markt ein kompetitives Element dazukommt, wird es schwierig, solche Modelle aufrecht zu erhalten. Das Monopol hat die Republik, aber wir sind im Moment Inhaber aller zwölf gesetzlich möglichen Konzessionen

Die Furche: Dokumentieren Sie die Gewinne oder Verluste Ihrer Gäste?

Beck: Das ist im Detail nicht möglich, aber wir schauen uns ab einer gewissen Erfassungsgrenze auch an, in welcher Höhe jemand an der Kasse Jetons kauft oder Jetons in Bargeld zurücklöst. Wenn man diese Wechslungen notiert, kann man das saldieren. Natürlich sind unsere Mitarbeiter, vor allem am Entrée, geschult, sich Personen zu merken - besonders jene, die höher wechseln. Hier gibt es eine Kommunikation zwischen Croupiers und Kassieren.

Die Furche: Wilhelm Giziski, Gründer des Vereins "Anonyme Spieler", hat innerhalb von zehn Monaten zehn Millionen Schilling am Roulettetisch verspielt: Wie war das angesichts der von Ihnen geschilderten Maßnahmen möglich?

Beck: Unser Spielerschutzssystem ist international sicher das strengste, das es gibt. Aber es kann natürlich nicht mit dem Anspruch antreten, jeden Fall exzessiven Spielens verhindert zu können. Das ist besonders schwierig, wenn jemand selbständiger Unternehmer ist, damit sehr gute Ergebnisse erzielt, aber finanzielle Möglichkeiten hat, in die wir keinen Einblick haben. Hier sind wir auf seine Antwortehrlichkeit angewiesen.

Die Furche: Sie sponsern seit 1983 die Beratungsstelle "AS". Müssen Sie sich nicht vorhalten lassen, damit Ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen?

Beck: Nein, überhaupt nicht. Wenn man als Anbieter eines Produktes weiß, dass ihm gewisse Gefahren des Überkonsums innewohnen, dann ist es nur logisch, dass man dieses Bewusstsein in ein Interesse umwandelt. Es scheint mir fairer zu sein, Institutionen wie "AS" zu fördern, als sich selbst eine Forschungsabteilung zuzulegen, der man immer selektive Wahrnehmung vorwerfen wird.

Die Furche: Die Beratungsstelle "AS" fordert, dass 0,5 Prozent der staatlichen Glücksspieleinnahmen für die Beratung von Spielsüchtigen zweckgebunden werden ...

Beck: Die Einnahmen, die der Staat aus dem Glücksspiel zieht, sind enorm, das ist richtig. Aber ob hier eine Teilzweckbindung überlegt werden kann, muss von den politischen Entscheidungsträgern entschieden werden.

Das Interview führte Doris Helmberger.

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