Klartext zum Achtziger

Werbung
Werbung
Werbung

Dass Helmut Krätzl ein theologisch fundierter, aber für ein breites Publikum verständlicher Autor ist, hat er in zahlreichen Büchern längst bewiesen. Auch dass er bei den brisanten Themen der Kirchendiskussion nicht um den heißen Brei herumredet, ist spätestens seit seiner Reflexion übers stehengebliebene Konzil "Im Sprung gehemmt“ (1998) seiner Leserschaft bekannt. Diesmal geht er einen Schritt weiter: In seinen Erinnerungen "Mein Leben für eine Kirche, die den Menschen dient“ legt er auch offen, was hinter den Kulissen rund um die Bischofsernennungen von Groër & Co gelaufen ist und wie er persönlich und in aller Deutlichkeit Rom die Meinung gesagt hat. Und dass ihm sein Konzilsbuch ein Verfahren bei der Glaubenskongregation eintrug, erfährt der Leser ebenfalls samt vieler weiterer Details aus brisanter Zeit mit oft schmerzlichen Erfahrungen.

Schonungslose Analyse eines Insiders

Oft hat man sich eine so klare Analyse der österreichischen Kirchenvorgänge aus der Feder eines Insiders gewünscht. Dass Helmut Krätzl nun zum 80er sich und seine Leser mit diesen Erinnerungen beschenkt, ist ihm hoch anzurechnen. Vielleicht hatte es da ja auch des Anstoßes eines Journalistenkollegen bedurft, um letztes bischöfliches Zögern zu zerstreuen: Das neue Krätzl-Buch ist unter Mitarbeit des ausgewiesenen Kirchenkenners Josef Bruckmoser von den Salzburger Nachrichten entstanden. Das Ergebnis dieser Kooperation ist auch ein Dienst an jener mitunter verzagenden Herde, die nach dem Konzil in der katholischen Kirche aufgebrochen ist und nun jahrelangen Stillstand beklagt.

Ungebrochen wirbt Krätzl auch in dieser Summe seiner Erinnerungen für eine Kirche, die auf diesem Weg weiterpilgert. Der römische Zeitgeist steht diesem Vorhaben zwar ganz und gar entgegen, aber das Trotzdem, das Krätzl solcher Haltung mit dieser Autobiografie der besonderen Art entgegenschleudert, ist kein beredtes Lamentieren, sondern eine Aufmunterung zum Weitertun.

Krätzl-Kenner finden auch in diesem Buch sein unermüdliches Werben für ein lebensnahes wie offenes Kirchenverständnis in einer säkularen und säkularisierten Gesellschaft wieder. Die Brisanz der Neuerscheinung liegt aber vor allem darin, dass der Bischof hier ohne (Konflikt-)Scheu auch hinter die Kulissen kirchlicher Wirrnisse blicken lässt. Man sollte sich diesen Zugang keineswegs entgehen lassen. (ofri)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung