In den Tagen und Wochen nach dem ersten Osterfest muß in Jerusalem viel passiert sein. Ja: Jesus, der tot war, der lebt - aber das mußte sich erst einmal durchsetzen. Da lesen wir von verschlossenen Türen, von Angst und Furcht, von Zweifel und auch davon, daß der Auferstandene den Unglauben der Jünger tadelt. Das jüdische Pfingstfest kann als ein entscheidendes Datum für eine erste Konsolidierung gelten, Kirche beginnt dann zu entstehen. "Ein Herz und eine Seele" schreibt Lukas, wobei sich Zurückblicken und Wunschdenken wohl die Hand reichen.
Auch nach diesem Osterfest hört man verschiedene Zwischensignale. Hier eine Entschuldigung auf Raten, vorgetragen durch den Erzbischof von Wien und seinen Vorgänger: Der Letztere im Konditionalsatz, der andere in klarer Sprache für seinen Amtsbruder - Hilfe wird angeboten; Schaden soll begrenzt werden. Dort eine Katholische Aktion, die mehr verlangt und nach Klarheit ruft. Dabei deutlich erkennbar in den letzten Wochen eine Österreichische Bischofskonferenz, die sich neu formiert, wo die Mehr- und Minderheiten auch sichtbar gemacht werden, wo eine erfrischend klare Sprache herrscht: ein Prozeß, eine Zwischenzeit, Ausdruck des Dialogs vielleicht Vieles ist in Bewegung.
Im staatlichen Bereich ist es nicht anders. Immerhin fiel der Wahlsonntag auf den orthodoxen Termin des Osterfestes. Auch da gab es Bewegung, Neues und Altes in vielfältiger Mischung. Die verschiedenen Meinungen und Analysen werden uns noch eine Weile begleiten. Die Verwirrung der Sprachmodelle hat hier schon vor Pfingsten eingesetzt - Gewonnen haben doch alle, hieß es: die einen mehr, die anderen weniger. Es ist beruhigend zu wissen, daß der Geist Gottes nicht erst eine pfingstliche, sondern schon eine österliche Gabe des Auferstandenen ist. Denn ohne diesen Geist wäre die Jesusgemeinschaft vermutlich kaum bis zu Pfingsten gekommen. Das gibt Zuversicht in dieser nachösterlichen Zeit. Denn wie selten zuvor erkennen wir die Notwendigkeit dieses Beistands für die Wegstrecke vor uns - natürlich im Leben unserer Kirchen, der Staat aber ist hoffentlich nicht ausgenommen.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!