Chris Lohner erzählte dem "News", daß sie jedes Jahr drei Wochen fastet: "Das schärft meine Sinne und reinigt meinen Geist."
Jeder von uns kennt die bosnische oder türkische Putzfrau, die einmal im Jahr den Ramadan hält, in dem sie von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang weder etwas essen noch trinken darf.
Freunde von mir halten jedes Jahr ein zweiwöchiges Fasten. Sie tun es nicht durch Zufall ausgerechnet in der Fastenzeit und nicht nur zur Entschlackung des Körpers, sondern vor allem als eine spirituelle Übung, obwohl sie keine bewußten Christen sind.
Fasten wird seit Jahrtausenden von allen großen Religionen den Gläubigen empfohlen und als Praxis religiöser Erfahrung geübt. Auch Jesus ist in der Tradition des Judentums öfters in die Wüste hinausgegangen und hat dort 40 Tage lang gefastet.
Und die heutigen Christen? Wie halten sie es mit der Empfehlung und Vorschrift: "Fastet und betet!"?
Die Prediger trauen sich kaum noch, den Gläubigen das Fasten zuzumuten. Sie sagen gerade noch, man solle "auf etwas verzichten", etwa das zweite Glas Bier oder die zweite Schachtel Zigaretten am Tag. Wer würde es noch wagen, von der nur "einmaligen Sättigung" am Aschermittwoch oder Karfreitag zu reden, wo sich doch auch die Katholiken mit Genuß an den exquisiten Bufetts zum Heringsschmaus delektieren?
Dabei ist ganz klar, was mit Fasten gemeint ist, nämlich: Nichts essen. Das tut weh - ganz buchstäblich. Ein Benediktinermönch war ganz erstaunt, daß man das so wörtlich nehmen könne. Aber die "Heiden" führen es den Christen vor, daß man es wörtlich nehmen kann.
Dabei brauchten die Katholiken nur jene Texte hören und beherzigen, die ihnen seit jeher vorgelesen werden. In der alten Präfation zur Fastenzeit heißt es: "Durch das Fasten des Leibes unterdrückst Du die Sünde, erhebst Du den Geist, spendest Tugend, Kraft und Lohn."
Chris Lohner weiß es.
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