Werbung
Werbung
Werbung

Anmerkungen zur Föderalismus-Debatte im Gefolge des geplatzten OMV/Verbund-Deals.

Hei, das war ein Dreinschlagen nach dem geplatzten omv/Verbund-Deal. Die Länder! Die Landeshauptleute! Der Föderalismus! "Fusioniert die Länder!" forderte gar ein Kommentator nassforsch, quasi als Strafe dafür, dass diese eine - durchaus umstrittene - Fusion im Energiesektor verhindert hatten. Nicht nur die Linken brauchen ihre Feindbilder - auch die Radikalliberalen müssen ihre Reformwut irgendwohin projizieren können: auf Beamte, Lehrer, Bauern zum Beispiel - oder eben "die Länder"; mithin auf alles Strukturkonservative, das quer zum Dogma grenzenloser Flexibilität steht.

Das Dumme ist nur: Die Genannten tun nicht wenig dazu, um diese Wut - und auch die Kritik durchaus besonnener Köpfe - auf sich zu ziehen. Um bei den Ländern zu bleiben: Selbstverständlich treibt der Föderalismus kuriose Blüten. Es ist durchaus berechtigt zu fragen, ob ein Land, kaum größer als Bayern, mit einem Drittel weniger Einwohnern, neun Landesregierungen und Landtage braucht. Der steirische vp-Vordenker Bernd Schilcher etwa erzählt gerne von Sitzungen des Landtags ohne substanzielle Tagesordnung. Und sein Parteifreund Gerhard Hirschmann hat in besseren Tagen als institutionalisierter "junger Wilder" mit der Forderung "Aus neun mach drei" - also einer Zusammenlegung der Länder zu Großregionen - aufhorchen lassen. Schnell sind damals alle zur Kalmierung ausgerückt...

Allerdings schützen auch größere Einheiten nicht vor der Frage nach der Sinnhaftigkeit, wie die deutsche Föderalismus-Debatte zeigt. Und Absurditäten beim großen Nachbarn, wie jene, dass für das Recht des Strafvollzugs künftig nicht mehr der Bund, sondern die Länder zuständig sein sollen, sind sprudelndes Wasser auf die Mühlen der Föderalismus-Kritiker.

Zum Stukturellen kommt noch das Profil der handelnden Personen: Wenn Erwin Pröll auf staatstragend macht oder Michael Häupl den Klassenkämpfer gibt, schrammt das stets hart an der Peinlichkeitsgrenze entlang. Auch dass eben diese beiden sich so gerne als Zurufer für ihre Bundesparteichefs in Pose werfen, gründet letztlich in einer Art feudalem Selbstverständnis, das sich kein demokratisch legitimierter Regierungschef erlauben dürfte. ("Gott schütze Dich, Wolfgang" aus Prölls Mund ist eine ebenso gefährliche Drohung wie die Häupl'sche Beteuerung, zwischen ihn und Alfred Gusenbauer passe kein Blatt.)

Und dennoch: Wer glaubt, ein Gemeinwesen gewissermaßen am Reißbrett entwerfen zu können, geht fehl. Länder, zweite Parlamentskammer, Bundespräsident - all dies mag man aus Effizienzgründen zur Disposition stellen. Aber man übersieht dabei die Wichtigkeit des Symbolischen in der Politik, die Notwendigkeit "zweckfreier" Einrichtungen, die Bedeutung gewachsener Strukturen. An all dem, an solchen "weichen" Faktoren, mangelt es im übrigen ja auch der eu, weswegen das Projekt so schlecht vom Fleck kommt. Aber selbst wenn die eu einmal eine wirklich identitätsstiftende Rolle spielen sollte, wird sie nicht die Beheimatung der Menschen in den einzelnen Ländern und Regionen ersetzen können.

Solche Beheimatung aber braucht auch tragfähige Strukturen. Über deren Ausgestaltung wäre zu reden, Tabus sollte es hier keine geben. Vorstellbar wäre etwa eine Reduzierung der legislativen Befugnisse der Landtage oder eine Zusammenführung von Bundesrat und Landeshauptleutekonferenz. Hiezu hätte man sich vom Österreich-Konvent konkrete Ergebnisse erwartet. Aber auch dieser Anlauf zu einer Reform des Föderalismus ist an der österreichischen Realverfassung offenbar gescheitert.

Die Landeshauptleute haben in der omv/Verbund-Causa Stärke gezeigt. Aber sie haben die Diskussion mit teils falschen, populistischen Phrasen, unterstützt vom Boulevard, geführt. So bleibt der Eindruck schlecht verschleierter machtpolitischer Interessen. Den eigentlichen Interessen der Länder, die auch die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sind, wurde damit kein guter Dienst geleistet. Wer Strukturen bewahren will, muss zu Veränderungen bereit sein und mit offenem Visier kämpfen - andernfalls sind bestenfalls Pyrrhussiege zu erringen.

rudolf.mitloehner@furche.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung