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Niederösterreich rüstet

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Das gesamte Zittern des ÖVP- Apparates „wie läuft der Trend?“ richtet sich unimehr auf die Vorstation vor dem großen Ereignis der Nationalratswahlen, auf die Wahlen in Niederösterreich im Oktober 1969. Denn eines ist Mar: bevor die Niederösterreicher noch aur Wahlurne gehen werden, wird durch die Budgetdebatte in den Ausschüssen des Abgeordnetenhauses am Ring der „Count-down“ für die Nationalratswahlen am 1. März 1970 begonnen haben. So werden die niederösterreichischen Wahlen, wenn die ersten schweren Geschütze der Opposion im Parlament bereits auf das große Ziel der SPÖ, einem Wahlsieg auf Bundesebene, eingeschossen werden, stattfinden.

Obwohl solcherart die Niederösterreicher eigentlich — was ihren Wahltermin betrifft — recht ungünstig liegen, ist man in der niederösterreichischen ÖVP-Zentrale doch recht optimistisch. Dazu trägt wesentlich bei, daß man sich in Sicherheit weiß, der Landeshauptmann wird der ÖVP bleiben. Denn selbst die großen Pessimisten in der ÖVP und die stärksten Optimisten in der SPÖ rechnen sich keine Chancen auf einen sozialistischen Landeshauptmann aus. Nicht nur, daß der Mandatsunterschied in Niederösterreich zwischen ÖVP und SPÖ mit sechs Mandaten zu groß ist, um eingeholt zu werden, sind die ÖVP-Mandatare in den meisten Fällen bei den letzten Wahlen teilweise mit 8000 bis 10.000 Stimmen gepolstert gewesen. Die größten Pessimisten in Kreisen der ÖVP rechnen mit einem Verlust von höchstens ein bis zwei Mandaten, allgemein vertritt man aber die Meinung, in Niederösterreich könnte man es trotz mancher politischer Schwierigkeiten in der Vergangenheit schaffen, den Trend zu durchbrechen. Ausschlaggebend für die niederösterreichischen ÖVP-Optimisten ist dabei, daß

• Landeshauptmann Maurer an Popularität gerade in den letzten Monaten durch einige fachlich richtige Entscheidunge stark zugenommen hat,

• die Salzburger Wahlen für die ÖVP nach Meinung der Experten nicht so schlecht ausgegangen wären, hätten dort nicht so viele ehemalige ÖVP-Wähler dem FPÖ-Kandidaten Leitner die Stimme gegeben, um diesen in der Landesregierung zu erhalten,

• das Wiener Ergebnis ebenfalls durch mehr Stimmenenthaltungen so kraß geworden ist und schließlich, daß man der FPÖ in Niederösterreich keine Chancen gibt, ein Grundmandat und damit erstmals den Einzug im Landtag zu schaffen.

„Farbloser“ Gegenkandidat

Denn schon in Wien hatte sich gezeigt, daß die FPÖ keinen so großen Wahlsieg wie in den westlichen Bundesländern, vor allem wie in Salzburg erreichen kann. Dazu kommt bei der FPÖ in Niederösterreich noch die Tatsache, daß diese ihr Licht seit Jahren unter den Scheffel stellte und es ihr nie gelungen ist, Publizität zu gewinnen. Für die niederösterreichische ÖVP und ihren Optimismus spricht auch noch die Tatsache, daß in den Randgebieten Wiens, die zu diesem Bundesland zählen, viele Probleme dadurch ungelöst sind, daß man sich seit Jahr und Tag mit den sozialistischen Anrainern Wiens nicht hat einigen können. Man meint aber auch, Hans Czettel, ehemaliger, eher farbloser Innenminister und nunmehriger SPÖ-Spitzenkandidat und Tschadek-Nachfolger, müßte sich erst bewähren.

Historisch aber begründet die niederösterreichische ÖVP ihren Optimismus, indem sie meint, erst ein einziges Mal habe Niederösterreich einen sozialistischen Landeshauptmann gehabt und das war zu jener Zeit nach dem ersten Weltkrieg, als Wien und Niederösterreich noch einer Verwaltung unterstanden. So wurde damals das neunte Bundesland, Wien, geschaffen, um Niederösterreich seinen „schwarzen“ Landesoberen zu geben. Im Oktober wird es sich zeigen, ob der Optimismus richtig war, eines können die Niederösterreicher jedenfalls sicher rechnen: Von der Kärntnerstraße wird man ihnen alle Hilfe angedeihen lassen, denn die Bundesparteileitung der ÖVP könnte eine Niederlage in Niederösterreidi kaum noch verkraften.

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