Sie verbringen ihren Urlaub in Osttirol, im Tullnerfeld oder in Mittel-schweden: Österreichs Politiker können die nächsten Wochen zum Ausspannen benützen und in Muße ihre Startlöchei- graben, bevor es im Herbst in die Endrunde der Legislaturperiode geht: der ersten der Zweiten Republik, die in der Konfrontation von Alleinregierung und Opposition einen neuen politischen Stil zur Prüfung durch den Wähler aufruft.
Endlich, Jahre nach der Erkenntnis bei den landwirtschaftlichen Experten, daß eine umfassende Strukturbereinigung in ' der Landwirtschaft notwendig ist, beweisen auch die Zahlen und Statistiken einen Erfolgstrend.War der Landwirtschaftsminister lange Zeit einsamer Rufer in der Wüste, daß sich der Bauer dem Markt — und nicht umgekehrt anpassen müsse, kann Dr. Schleinzer nun erste Erfolge vermelden. Der Butterberg schmilzt: In den ersten vier Monaten dieses Jahres ist die Müchanlieferung gegenüber dem Vorjahr um 6,2 Prozent zurückgegangen. Überdies ist es gelungen, den Butter- und
War einst die ÖVP-Alleinregierung mit dem stolzen Fahrplan in die laufende Legislaturperiode gegangen, die gesamten in der Verfassung vorgesehenen vier Jahre zwischen zwei Nationalratswahlen zur Arbeit zu nützen — so steht die derzeitige Innenpolitik diesem Vorhaben nicht entgegen. Die Zeit bis zum 1. März 1970 (immerhin zehn Monate) wird kaum zur sachlichen Arbeit zu verwenden sein: denn der Wahlkampf hat fast schon begonnen.
Standesinteressen stehen wieder einmal gegen die Interessen der Gesamtheit. Und diesmal klingen die Standesinteressen sogar sympathisch, weil die Öffentlichkeit dem Berufsstand der Ärzte von Haus aus ein Höchstmaß an Goodwill entgegenbringt. Doch durch den vertragslosen Zustand zwischen Teilen, der Ärzteschaft und Teilen der Versicherten droht der Bau der sozialen Sicherheit ernsthaft ins Wanken zu kommen.
Mit den Frühlingsblumen blüht auch die Nachlese zu Österreichs wichtigstem politischem Strafprozeß der Nachkriegszeit. Franz Olahs Verurteilung in erster Instanz läßt tausend Blüten aufbrechen und aus dem Angeklagten Olah den Angeklagten ÖGB ersprießen. Plötzlich wußten alle Neunmalklugen sowieso schon immer, daß im ÖGB Mißstände herrschten (und herrschen).Mit Berechtigung muß der unabhängige Beobachter registrieren, daß Gewerkschaftsfeindlichkeit so manchen Kommentar verfassen läßt und Urinstinkte des Klassenkampfes — sozialpartnerschaftlich gemildert — spürbar werden.
Die Reform der Demokratie ist nicht allein in Österreich ein gängiges Wort mehr oder minder beteiligter Interessenten; ein stabiler Demokratisierungsprozeß überzieht die westliche Welt der funktionierenden Parlamente. Außer-, auch antiparlamentarische Kräfte suchen nach Einfluß zwischen den Torstangen des Machtslaloms einer teilweise zur Routine gewordenen Praxis des Entscheidungsflusses.Was in Österreich not tut, ist nicht so sehr eine Reform unserer demokratischen Spielregeln und auch nicht so sehr ein Gesinnungswandel einer sich erfreulich beschleunigenden Demokratisierung der Gesellschaft, sondern ein Erfüllen der Systeme mit neuem Leben, ein authentischer Interpretationsversuch des ganzen Volkes im Sinn des Verfässungsgebers.