Eine Ergänzung zum Hochschulbereich, aber keine „Schmalspuruniversität": Künftige Fachhochschulen sollen ein eigenständiges Profil bekommen. Und der Eindruck einer „hochstilisierten berufsbildenden höheren Schule" muß dabei vermieden werden.
Feindseligkeit kennzeichnet heute das politische Leben. Die „Ohne-mich“-Stimmung, vor allem unter der Jugend, greift um sich. Auch der Pädagoge fühlt sich herausgefordert.
Unser Staat besitzt im Bereich der Bildungspolitik und Bildungsplanung ein Instrument, um das uns Politiker, Wissenschafter und überhaupt die an Bildungsfragen Interessierten in Ost und West beneiden: die „Parlamentarische Schulreformkommission“. Sie wurde auf Grund einer Entschließung des Nationalrates 1969 konstituiert. Sie besteht im wesentlichen aus vier Gruppen von Mitgliedern: den bildungspolitischen Sprechern der drei Parlamentsfraktionen, aus den (amtsführenden) Präsidenten der neun Landesschulbehörden, aus Universitätsprofessoren der Pädagogik sowie aus Vertretern der
Die Strukturkommission der Schulreformkommission, die gewissermaßen deren Hauptabschluß darstellt, befaßte sich kürzlich, präsidiert in Vertretung des verhinderten Unterrichtsministers durch den Abgeordneten Josef Gruber, mit dem Fragenkreis ganztägiger Schuleinrichtungen. Damit sind erstmals Erörterungen über diesen nur anscheinend peripheren Teilaspekt des Schulwesens im vorab zuständigen Gremium aufgenommen worden; es zeigte sich bei den Beratungen sofort, daß hier überhaupt Kernfragen der Weiterentwicklung unseres Schulwesens berührt werden, beziehungsweise daß schulorganisatorische wie pädagogische und didaktische Grundfragen in diesen Problemkreis einfließen und somit zwangsweise nun zur Sprache gebracht werden müssen. Man denke dabei vor allem an den weiten, noch ungelösten Problemkreis einer durchgreifenden Lehrplanreform im Sinne einer Stoffentlastung und Straffung durch Neuordnungen und Zusammenordnungen.
Im Dezember 1774, somit vor nunmehr zweihundert Jahren, ist die Maria-Theresianische Schulordnung erlassen worden — ihr genauer Titel lautet: „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen Kaiserl. Königl. Erblanden.“ Dieses Dokument ist eine der großen europäischen Nationalschulordnungen der Aufklärungszeit. Sie steht an der Seite des Generai-Land-Schulreglements Friedrichs II. in Preußen und zum Nationalerziehungsplan des Staatsmannes La Chalotais in Frankreich. In ihrer geographischen Erfassung ist sie die am weitesten und breitesten wirksam gewordene. Uber den deutschen und böhmischen Raum hinaus schuf sie in manchen Ländern überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entwicklung einer eigenständigen Schriftsprache und das Entstehen nationaler Literatur und höherer Kultur.
„Anläßlich der Behandlung des Volksbegehrens, das zur Aussetzung der neunten Sehulstut'e geführt hat, hat der Nationalrat in einer Entschließung die Einsetzung einer Schulreformkomnifs-sion gewünscht. Die Volksvertretung hat in dieser Entschließung gefordert, daß nicht nur die Frage der Dauer der allgemeinbildenden höheren Schulen in dieser Schulreformkommission beraten werden soll, sondern daß diese Überlegungen das gesamte Bildungswesen, auch über die Schule hinaus, erfassen müßten. Die rasche wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in unserer Zeit macht es notwendig, das Bildungswesen immer wieder den sich ändernden Erfordernissen anzugleichen. Die im Sinne dieser Entschließung des Nationalrates geschaffene Schulreformkommission hat ihre Arbeit am 1. August 1969 aufgenommen. Ihr gehören Abgeordnete zum Nationalrat, die Präsidenten der Landesschulräte, Vertreter der Lehrerorganisation, der Elternverbände und des Bundesjugendringes sowie Vertreter der Lehrkanzelinhaber für Pädagogik an den österreichischen Hochschulen an. Geineinsam waren und sind sie bemüht, das österreichische Schulwesen in seinen Zielsetzungen zu überprüfen und mögliche Wege nach einer wirkungsvollen und raschen Reform aufzuzeigen.“
In der einen oder anderen Beziehung ist die österreichische Schule zweifellos reformbedürftig. Das gilt hinsichtlich der Bildungsgehalte, in bezug auf neue Unterrichtsverfahren wie auch in organisatorisch-struktureller Beziehung. Wir sehen dies allerdings nicht gleich jenen Bilderstürmern, die mit dem Ruf „Verbrennt die Schiffe hinter uns!“ uns weismachen wollen, daß das österreichische Schulwesen hoffnungslos antiquiert sei. Wir, die eine Imponierpädagogik ablehnen, sind, um es ganz deutlich zu sagen, für eine abgewogene Schulreform, die auf einer auf die Gegenwart bezogenen
Die Schulreformkommission ist in den letzten Monaten mit ihren Arbeiten gut vorangekommen. Umfassendere konkrete Ergebnisse liegen noch nicht vor. Vielmehr ist man zum Teil noch im Stadium von Vorüberlegungen. Das ist kein Nachteil. Eine Schulreform braucht ihre Zeit. Im Zusammenwirken der beteiligten Gruppen ist jedenfalls wertvolle Arbeit geleistet worden. Bei dem im ganzen positiven Urteil über die bisherigen Arbeiten und Arbeitsformen seien aber doch einmal auch einige Sorgen vorgetragen.
Unter den zahlreichen Aufgaben der österreichischen Bildungspolitik stehen gewiß derzeit die Schul- und die Hochschulreform im Vordergrund. Doch reicht der Problemkreis eines Neuüberlegens der gesamten Bildungskonzeption bedeutend weiter. Dabei rückt in letzter Zeit die Erwachsenenbildung stark in den Vordergrund.