Karlheinz Töchterle registriert eine Abkehr der Gesellschaft von den Geisteswissenschaften. Diese seien zum Teil selber schuld, müssten sich besser einbringen und exzellenter werden.Die westliche Textkultur habe sich verändert, sagt Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, von 1997 bis 2011 Professor für Philologie in Innsbruck. Die Krise der Geisteswissenschaften sieht er gelassen. Wenn die Demokratie bedroht sei, dann durch die Macht des Geldes, sagt er im Interview.Die Furche: Sie waren Philologe und wurden dann Minister. Was hat Ihnen die lange Beschäftigung mit Schrift, Wort und
Hochschulmilliarde gesichert, Hochschulplan auf Schiene - Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle zieht zufrieden Bilanz. Die Hochschülerschaft hingegen bleibt ein politischer Gegner.Ein Philologe als Wissenschaftsminister: Karlheinz Töchterle gehörte zu den überraschenden Persönlichkeiten, als die ÖVP vor einem Jahr ihr Regierungsteam umbildete. Ein Anlass, um im FURCHE-Interview das Jahr zu bilanzieren.Die Furche: Sie sind für Studienbeiträge, doch die Hochschülerschaft (ÖH) will dagegen klagen. Wie geht es Ihnen in der Kommunikation mit der ÖH?Karlheinz Töchterle:
Ein Sammelband lässt das Wirken von Gerhard Botz Revue passieren. Im 20 Jahrhundert trug die Zeitgeschichte viel zur Demokratisierung der Öffentlichkeit bei. Von seinen Kollegen fordert er mehr wissenschaftlich reflektiertes Engagement. Sie sollen sich engagieren. Seine Generation hätte mehr Gewicht auf die Wirtschaftsgeschichte legen sollen, sagt Botz.Als Professor lehrte Botz, geboren 1941 in Schärding, in Linz, Salzburg und Wien. Im Interview kritisiert er Hugo Portisch und distanziert sich vom naiven Glauben, aus der Geschichte so einfach lernen zu können. Der Aufstieg der FPÖ sei
Das Naturhistorische Museum und das Land Niederösterreich gedenken eines großen Sohnes als Erfolgsbeleg. Dabei wird vergessen, dass er zeitlebens verkannt wurde und verbittert starb.Vielleicht hätte Johann Natterer es ahnen müssen. Dass selbst er, als Prinz der Sammler, der sich aufgeopfert und 18 Jahre durch Brasiliens Dschungel gemüht hatte, zurück in Wien dem Untergang geweiht sein würde. Obwohl er dem Naturhistorischen Museum die reichhaltigste Südamerika-Sammlung der Welt bescherte, gab es kaum Anerkennung für ihn. Seine Frau, Maria do Rego, die er am rechten Ufer des Rio Negro
Steigende Lebensmittelpreise waren in der Geschichte immer wieder Anlässe für Aufstände und Revolten. Die aktuellen Protestbewegungen in Arabien machen da keine Ausnahme.Die alten Potentaten waren sich ihrer Sache sehr sicher. Nicht umsonst litt der Arabische Fonds für soziale Entwicklung jahrelang unter chronischer Unterfinanzierung. Auf welch gefährlichem Pulverfass sie wirklich sitzen, wurde den Herrschern der arabischen Welt offenbar erst klar, als es schon zu spät war. Beim Wirtschafts- und Sozialgipfel der arabischen Staaten in Sharm el-Sheikh Mitte Jänner war die Selbstsicherheit
Das Stift Mattsee hat seinem Gründer Tassilo ein Denkmal gesetzt. Die Erinnerung an sein tragisches Schicksal soll den Menschen und der Kirche ein Fingerzeig sein – die Art und Weise wie er sein Schicksal bewältigt hat, ist bis zum heutigen Tag vorbildlich.Mächtig blitzt es in der Sonne. Fast vier Meter hoch und eine Tonne schwer, aber doch irgendwie leicht, fast filigran. Wer in Mattsee, jenem 20 Kilometer von Salzburg entfernten Ort am gleichnamigen See, von der Bäckerei Richtung Stiftskirche geht, kommt am Denkmal Tassilos vorbei. Seit Ende Juni ist der ehemalige Bayernherzog am
Rituale schaffen Gemeinschaft. Sie funktionieren aber auch als Gewaltvermeidungsstrategien. Dafür bietet gerade der Fußball und seine (friedlichen) Fangemeinschaften ein schönes Beispiel.Rituale: Da denkt der zivilisierte Westeuropäer gleich an Wilde und Primitive. An Regentanz, blutende Kühe und fremde Völker in spiritueller Ekstase. Aber für jede Gesellschaft sind Rituale unverzichtbar, haben Forscher jüngst auf einer Konferenz in Berlin bekräftigt. Sie gehören zu den Grundbedingungen des Menschseins. Um sie zu erleben muss man nicht unbedingt in die vermeintlichen Sozialtiefen von
Der Fall des Eisernen Vorhangs beschäftigt Gesellschaft, Politik und Wissenschaft. Viele Bilder von damals fallen aber immer noch zu fragmentarisch aus. Versuch einer Zusammenschau.Es gibt Jahre, die im Rückblick leer und unbedeutend erscheinen. Und es gibt Jahre wie 1989, so voller Geschichte, dass scheinbar jeder etwas dazu sagen kann. Klar, auf einmal war die Mauer weg. Bush, Kohl und Gorbatschow. Der Kommunismus? Am Ende. Ja auch kein Wunder, bei der Planwirtschaft. Die unten wollten nicht mehr, und die oben konnten nicht mehr. So hat Lenin einmal die Voraussetzungen für das Gelingen
Das Projekt eines Hauses der österreichischen Geschichte scheitert trotz mehrjähriger Planungen bisher an den Konflikten zwischen den Parteien. Der Politikwissenschafter Anton Pelinka begründet, warum sich die Politik stärker der Geschichte stellen sollte und was daraus zu lernen wäre.Das Haus der Geschichte ist und bleibt vorerst nur Projekt. Gutteils deswegen, weil die Parteien nicht zu einer übereinstimmenden Geschichtsschreibung finden können.Die Furche: Glauben Sie, wird es in naher Zukunft ein Haus der Geschichte in Wien geben?Anton Pelinka: Lassen Sie es mich so sagen: Ich kann
Ein geheimes Konzept, erschöpfte Parteien und die Hoffnung auf einen Start: Die Debatte um ein „Haus der Geschichte“ zeigt die Probleme Österreichs mit seiner Vergangenheit.Nicht Leichen, nur Arbeits- und Lenkungsgruppen, Konzepte und politische Wadelbisse pflastern ihren Weg. Wenn sich die zwei Großparteien in einem Land wie Österreich daran machen, ein Haus der Zeitgeschichte zu zimmern, ist das zwar nicht Simmering gegen Kapfenberg – aber es schimmert Qualtinger durch. Nach zehn Jahren an politischem Kleinkrieg liegt seit Ostern ein fertiges Konzept in den Schubladen von Josef
ÖOC-Präsident Leo Wallner nahm diese Woche seinen Hut. Mit ihm verschwindet ein rot-weiß-rotes Sportsymbol besserer Zeiten. Kämpfe um Macht, Geld und Doping haben ihn zu Fall gebracht. Drehbuch eines Trauerspiels.Rien ne va plus! Game over. Die glänzende Karriere von Leo Wallner, dem langjährigen Casino-Boss, der Glücksspiel für sich selbst immer ablehnte, ist vorbei. Am Ende hat das österreichische olympische Komitee scheinbar doch zu hoch gepokert. Die Kugel fiel auf Sotschi. Wer weiß, was passiert wäre, wenn Salzburg den Zuschlag für die Winterspiele 2014 bekommen hätte?
Genau wie Menschen produzieren Tiere Überflüsse und verhalten sich unmäßig. Dafür, dass sie nicht über ihre Verhältnisse leben, sorgt einzig und allein die Evolution. In sozialen Verbänden bildet sich aber ein Respekt für das Gemeinwohl heraus, der eine Art Moral entstehen lässt. Wer dagegen verstößt, den bestrafen die Artgenossen.Das Jahr 1832, irgendwo im Zentralatlantik. Auf dem Achterdeck der Beagle klammert sich ein blasser Gentleman an die Takelage. Der 22-jährige erfolglose Studienabbrecher hat das Netz ausgeworfen. Zum ersten Mal seit der Abreise aus Plymouth ist er zur
Hochschulforscher Heinz Pechar lobt die UG-Novelle, sieht die Universitäten aber in der Zwickmühle. Schuld sei auch der freie Hochschulzugang. Das Gespräch führte Stefan MüllerEr arbeitete im Wissenschaftsministerium. Heute ist Hans Pechar Professor und Vorstand des Wiener Instituts für Hochschulforschung, das zur Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) der Uni Klagenfurt gehört. Im Moment erstellt er einen Organisationsplan für die Universität Wien. Warum er die Richtung der Novelle für gut hält.DIE FURCHE: Die neue Uni-Novelle bringt mehr Leistungsdruck
Das neue Uni-Gesetz fordert von den Universitäten mehr Leistung. Für Regierung und Industriellenvereinigung war das erst der Anfang.Sie schrien und stampften. „Wir sind kein Humankapital“, stand auf einem Plakat. „Nein zur Ökonomisierung der Bildung“ auf einem anderen. Fast schien es, als wollten sie den neuen Hochschultyp, den sie fürchten wie den Riesen Gulliver, noch einmal festzurren. Rund 200 Studierende waren vor die Universität Wien gekommen, einen Tag, bevor die Novelle des Universitätsgesetzes vergangene Woche das Parlament passierte. Doch das Gesetz war längst
Institute für Spitzenforschung sollen Österreichs Image aufpolieren und die Zukunft sichern. Die Zauberformel dafür – eben Exzellenz – klingt einfach, wirft aber viele Fragen auf.Der Weg zur Elite ist weit. Vor der U4-Endstation Heiligenstadt, am Wiener Stadtrand, riecht es nach billiger Pizza. Von hier fährt der Bus 239 nach Maria Gugging – zum IST Austria. Das Institute of Science and Technology hinter Klosterneuburg soll Österreich einen Platz an der Forschungssonne sichern. Innovation und Technologie sind die Wachstumsmotoren der Zukunft, so der Common Sense. Und Österreich
Eine Aura hat er. Und die Leute hören ihm zu. Der mittelgroße Mann, einer der meist zitierten Professoren in den Computerwissenschaften, hat etwas zu sagen. Dabei wirkt Thomas Henzinger, mit 46 Jahren erster Präsident des Institute of Science and Technology Austria (IST), sehr unösterreichisch, im positiven Sinne. Seine sorgfältig gewählten Worte haben einen Schweizer Touch mit amerikanischer Grundierung. Er studierte Informatik in Linz und ging dann in die USA. In Österreich, sagt er, hätte er es viel schwerer gehabt. Weil er als Uni-Assistent nicht die Freiheit gehabt hätte,
Dreifacher Weltmeister, Vater, Ehemann, Firmenboss und Nationalheld. Und jetzt 60 Jahre alt. Ein Grund, sich zurückzulehnen und in Erinnerungen zu schwelgen? Schwachsinn, meint Niki Lauda. Älter werde man sowieso. Er wüsste nicht einmal, wann seine Buben Geburtstag haben. Ganz der Lauda, wie ihn die Öffentlichkeit kennen soll. Unnahbar. So einzigartig und erfolgreich, irgendwie nicht von dieser Welt. Und trotzdem so österreichisch, weil so kauzig und humorvoll.Eine neue Biografie zeigt eine neue Lesart des Übermenschen. Die Laudas hatten sehr wohl Benzin im Blut. Als Kind ist Niki ein
Der Skizirkus braucht Helden. Der Österreichische Skiverband ist ihre Kaderschmiede. Der Weg an die Spitze ist hart und eine Gratwanderung, die Opfer fordert.Ich habe es geschafft, denkt der junge Läufer. Jetzt gehöre ich auch dazu. Er reißt die Ski in die Höhe und schreit seine Freude hinaus in die kalte Winterluft von Val d'Isère. Es ist der 15. Dezember 1996. Fritz Strobl, 24 Jahre alt, hat seine erste Abfahrt gewonnen. "Der schönste Sieg", sagt Strobl heute. Der Mann, der in den zehn Jahren darauf neun Weltcupsiege feiert, Olympiasieger und Weltmeister wird. Der Mann, der trotzdem
Wer hat Angst vor Henryk Broder? Der umstrittene Journalist steht abseits des politischen Konsenses. Eine Gefahr sieht Broder in zu viel Toleranz gegenüber dem Islam.Henryk Modest Broder, 62, polarisiert. Die Thesen des deutschen Publizisten sind alles, nur nicht gemäßigt. Und sie bringen ihn, was seine Warnungen vor dem Islam betrifft, in die Nähe der Rechtspopulisten. Broder im Interview über Strache, die Scharia und Österreichs Kollateralschaden in der Demokratie.Die Furche: Ich liebe Österreich - haben Sie 2000 im Tagesspiegel geschrieben, nach Jörg Haiders Eintritt in die