von 2003 bis 2023 Herausgeber der FURCHE, seit 2008 Kolumnist. Stadler ist Honorarprofessor für Wirtschaftspolitik an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Lehrbeauftragter für Finanzmarktökonomie an der Universität Salzburg.
Zurecht haben Österreich und Deutschland mit ihrer Stimmenthaltung den Aufschub der Beschlussfassung über das endgültige Lieferkettengesetz bewirkt, sagt Wilfried Stadler. Eine volkswirtschaftliche Einordnung.
Dass nicht nur ehemalige Spitzenpolitiker, sondern auch erfahrene Ex-Banker und renommierte Investoren René Benko bis zuletzt geradezu blind vertrauten, gehört zu den Mysterien der Signa-Pleite. Eine Analyse.
Die internationalen Organisationen stehen in der Pflicht, bei der aserbaidschanischen Regierung jenes Minimum an humanitären Standards durchzusetzen, für deren Gewährleistung sie geschaffen wurden.
Neben Debatten zur Inflation und Rezessionsangst sorgten zuletzt geld- und finanzpolitische Sager für Schlagzeilen. Warum es um mehr geht, als um parteipolitisches Kleingeld. Ein Gastbeitrag.
„Die Zeit ist aus den Fugen.“ Wenn dieser zum Generalthema der Salzburger Festspiele gekürte Satz aus Shakespeares Hamlet damals schon gegolten hat – um wie viel mehr trifft er dann auf unsere Zeit zu! Wurden frühere mediale Sommerpausen meist noch mit Mutmaßungen über das Ungeheuer von Loch Ness überbrückt, droht uns heute ein pausenloser Informationsstrom über unlösbar erscheinende Konflikte zu überfordern. Der nach dem Ende des Kalten Krieges aufblühende Traum von einer fortschreitenden „Verwestlichung“ der Welt ist zur Illusion verkommen. Die Geschehnisse in Niger, wo
Am 28. Mai jährt sich der Geburtstag von Wolfgang Schmitz – ehemaliger Finanzminister und langjähriger FURCHE-Herausgeber – zum 100. Mal. Eine persönliche Würdigung.
Österreich war bekanntlich jüngst Gastgeberland bei der Leipziger Buchmesse. Unser Auftritt bei den sich durch die gemeinsame Sprache unterscheidenden Nachbarn scheint, folgt man dem Medien-Echo, erfreulich erfolgreich gewesen zu sein – trotz des geradezu unterirdisch provinziellen Mottos MEAOISWIAMIA. Angeblich wollte man damit der vermeintlich so verbreiteten „Mia san Mia“-Mentalität etwas entgegensetzen. Mir jedoch erschien dieser aufdringliche Versuch, eine uns vorgeblich charakterisierende Kleinkariertheit plakativ zu entkräften, schlicht peinlich. Ungefähr so peinlich, wie die
Politische Versprechen, alle Folgekosten für Bürger und Unternehmen aus öffentlichen Mitteln auszugleichen, sollten besser nicht mehr abgegeben werden.
Die überbewertete Akademisierung erhöht den sozialen Abstand zu den Lehrberufen. Diese verdienen längst mehr Ansehen, statt als Sammelbecken von Studienabbrechern angesehen zu werden.
Ausnahmen scheint es neuerdings nur gegenüber Autokraten erdölfördernder Regime zu geben – ihnen erspart man Vorwürfe, die die Aussicht auf zusätzliche Lieferungen gefährden könnten.
Es gab Zeiten, in denen mein Interesse an Neuigkeiten nahezu unersättlich war. Mittlerweile bin ich angesichts der Hyperinflation an verstörenden Nachrichten, die tagtäglich auf uns einprasseln, gewissermaßen „ersättlich“ geworden und nehme Informationen seltener und selektiver auf. Das schafft Freiräume für zeitlosere Themen. So kam es, dass ich zu Anfang des Monats dank eines ORF-Hörbildes über Bertha von Suttner auf die Zeitgenossenschaft der 1905 als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Pionierin der internationalen Friedensbewegung zu Karl Lueger aufmerksam
Zwanzig Jahre lang war ein Euro mehr wert als ein US-Dollar. Seit wenigen Tagen ist er das nicht mehr. Müssen wir uns ob dieser Parität der beiden wichtigsten Weltwährungen Sorgen machen? Nun, ein Verlust des Außenwertes unserer Gemeinschaftswährung von gut zehn Prozent gegenüber dem Jahresanfang wäre unter normalen Umständen zunächst unspektakulär, gewissermaßen halb so „draghisch“. Man könnte ihn auf die vorauseilenden Zinserhöhungen der US-Notenbank zurückführen und zugleich auf eine baldige Stärkung des Euro setzen, sobald die EZB – reichlich verspätet –
Gut Ding braucht Weile, heißt es so schön. Schlecht allerdings, wenn die Weile sich so in die Länge zieht, dass aus dem guten Ding am Ende nichts oder erst zu spät etwas wird. Nein, ich rede nicht von den Vollspaltenböden in den Schweineställen, die erst ab 2040 (!) verboten sein sollen. Die Rede ist vielmehr von einem längst überfälligen europäischen Rechtsrahmen für die seit der Finanzkrise völlig unkontrolliert aus dem Boden schießenden Geld-Fiktionen mit der irreführenden Bezeichnung „Krypto-Währungen“. Zwar haben sich EU-Parlament, Rat und Kommission nach langem
Eigentlich hatte ich vor, diesmal etwas über die kroatische Währung „Kuna“ – altslawisch für „Marder“ – zu schreiben. Sie heißt so, weil einst, als Münzgeld noch nicht gebräuchlich war, in Teilen des heutigen Kroatien Marderfelle als Naturalgeld Verwendung fanden. Die seit Beginn des Monats feststehende Tatsache, dass es zum Jahresende mit dem Mardergeld vorbei sein wird, da Kroatien ab 2023 zum zwanzigsten Euro-Mitgliedsland wird, hätte locker Stoff für eine ganze Kolumne geliefert. Aber dann kam die Meldung über den Bericht des Rechnungshofes zu den Parteifinanzen der
Es erscheint gerade jetzt von nahezu unschätzbarer Bedeutung, eine eigenständige Stimme zu haben und nicht in jeder existenziellen Frage Teil eines Entscheidungskollektivs zu sein.
Es braucht einen differenzierten Blick beim diskutierten Boykott von russischem Erdgas. Bei der Suche nach alternativen Quellen stößt man bald auf Doppelmoral.
In der Chance auf die globale Verbreitung einer liberal-demokratischen Gesellschaftsordnung nach dem Ende des „Kalten Krieges“ sah bekanntlich Francis Fukuyama 1992 im gleichnamigen Bestseller so etwas wie „Das Ende der Geschichte“. Und obwohl seine verführerische These bereits 2001 mit dem Twin-Tower-Attentat falsifiziert wurde, reichten all die seit damals geführten Kriege nicht aus, um die Hoffnung auf eine friedliche Welt(wirtschafts)ordnung nachhaltig zu zerstören. Es war einfach zu verlockend, einem solchen „Narrativ“ zu vertrauen. Was aber bleibt jetzt noch davon
Die Ankündigung der Sperre des Zahlungsverkehrs mit Russland hat auch hierzulande bereits zu einem unerwarteten Kollateralschaden geführt: die Zwangsschließung der "Sberbank".
Über das neue Geschäft mit Non-Fungible Tokens (NFTs) - und die noch kostbareren Alternativen "Non-Fungible Humans" (NFHs) und "Non-Fungible Moments" (NFMs).
Als jüngst im österreichischen und deutschen Fernsehen der aus Anlass des achtzigsten Jahrestages gedrehte, hochrangig besetzte Spielfilm über die „Die Wannseekonferenz“ gezeigt wurde, entschied ich mich gegen dieses Angebot. Ich tat es aus demselben Motiv, aus dem ich schon 2004 dem Kinofilm „Der Untergang“ ausgewichen war, in dem Bruno Ganz Adolf Hitlers letzte Stunden im zertrümmerten Berlin nachstellte. Ich schreibe also über etwas, das ich gar nicht gesehen habe, wenn ich im Folgenden zur Diskussion stelle, ob es bei noch so sorgfältiger Regie überhaupt verantwortbar sein
Die aktuelle Inflation der Erwartungen an einen Staat, der für alles aufkommt, birgt große Gefahren für die langfristige (finanz-)politische Stabilität.
Darf man darüber ernüchtert sein, wie offensichtlich übereilt da vordergründig nach den Besten der Besten gesucht wurde, während die kaum verborgene Agenda hieß, verlorengegangenes föderales Terrain um fast jeden Preis zurückzuerobern?
Das Anliegen, der „humanistischen Utopie“ zu neuen Chancen zu verhelfen, ist gerade jetzt wieder von brennender Aktualität. Gedanken zu den Salzburger Festspielen.
Mit der überstürzten Kapitulation in Afghanistan erweist sich der Westen als unzuverlässiger Partner. Eine verheerende Entmutigung jener, die weltweit um ihre demokratischen Grundrechte kämpfen.
Trotz der offenen Flanke waren die Brüsseler Verhandler auf Druck der USA vorauseilend bereit, ihre Pläne zur Einführung einer Digitalsteuer vorläufig zu schubladisieren, schreibt FURCHE-Herausgeber Wilfried Stadler in "Stadlers Marktforum".
Die Erwartung, China würde mit zunehmenden ökonomischen Fortschritten am Ende zu einer Demokratie westlichen Musters konvergieren, erweist sich als unerfüllbar.
Der Schritt in Richtung einer 15-prozentigen globalen Mindeststeuer lässt hoffen. „Taxes for Future“ wäre ein schöner Name für die dazugehörende Bürger(innen)bewegung.
„Jetzt ist schon wieder was passiert.“ Eigentlich war dieser vertraute Anfang aller Brenner-Krimis von Wolf Haas nicht als Einstiegssatz in diese Kolumne vorgesehen. Denn es hätte ursprünglich ein Text werden sollen, der zum 1. April passt. Diese Absicht wurde jedoch vereitelt durch das, was vor wenigen Tagen in Sachen EU-Corona-Hilfspaket passiert ist: In buchstäblich letzter Minute steht das Inkrafttreten des im vergangenen Jahr mühsam erstrittenen europäischen Wiederaufbauplans („Next Generation EU“) in Gesamthöhe von 750 Milliarden Euro in Frage. Unmittelbar nachdem das
Es kann auf Dauer nicht gutgehen, zu verdrängen, dass der Vertrag von Maastricht in der Krise faktisch umgangen wird – nur weil eben nicht sein kann, was nicht sein darf.
Der Gefahr ideologischer Pandemien entkommen wir am besten mit einem möglichst nüchternen Blick auf die aktuelle Lage. Eine Replik auf Stephan Schulmeister.
Italien ist für den Euroraum schlicht zu wichtig, um fallengelassen zu werden. Wir alle müssen daran interessiert sein, dass es Reformen in Angriff nimmt.
Es ist eine nüchterne Feststellung, dass das fragile Finanzsystem grundlegend neue Spielregeln braucht, um am Ende nicht wieder den Staaten und ihren Steuerzahlern zur Last zu fallen.
Die Chefökonomin der Weltbank, Carmen Reinhart, hat sich viel mit vergangenen Wirtschaftskrisen beschäftigt. In der aktuellen spielt sie eine tragende Rolle.
Europa stand schon schlechter da - verglichen mit dem einst so bewunderten Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Damit das so bleibt, braucht es die richtigen Entscheidungen.
Praktisch alle, die sich in Wirtschaft und Politik engagiert um Reformen bemühen, müssten sich durch die neue Enzyklika von Papst Franziskus entmutigt fühlen. Eine kritische Lektüre.
Das Hauptmotiv der Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" sind humanitäre Erwägungen. Sie gebieten es, trotz Eintrübung des Arbeitsmarktes über Nachbesserungen nachzudenken.
Die 27 EU-Regierungschefs haben sich auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte geeinigt. Damit das Geld nicht in Budgetlöchern versickert, gilt es jetzt, an der Präzisierung des Förderprogrammes zu arbeiten. Analyse eines historischen Deals.
Der deutsche Verfassungsgerichtshof hat die geldpolitische Urteilskraft des EuGH grundsätzlich in Frage gestellt. Jetzt besteht Handlungsbedarf. Es geht darum, die Transparenz und eine Festigung des geldpolitischen Fundaments des Euro zu nutzen, statt weitere Rechtsunsicherheit zu riskieren.
Mitten in diesem Leben im falschen Film begegnen uns die merkwürdigsten Erklärungen des so beklemmenden coronarischen Ausnahmezustands. Die einen wollen uns weismachen, diese Krise sei, wenn schon kein Geschenk des Himmels, so doch eine Chance zur Weltverbesserung. Andere sehen im rätselhaften Virus gar einen Beweis für Marktversagen und werfen – wie Hexenverbrenner nach der Pest – gleich auch die böse Globalisierung mit auf den Scheiterhaufen. Wie gut, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung als realitätssinnig und resistent gegenüber alleinseligmachenden Wahrheiten erweist.
Warum das Coronavirus das Herz-Kreislauf-System der Weltwirtschaft ernsthaft gefährden könnte. Und welche beherzten Interventionen nun zur Stabilisierung und Heilung notwendig wären. Eine Analyse.
Im Jahr 1985 erschien im deutschen Merkur ein berühmt gewordener Text des Philosophen Jürgen Habermas über „Die neue Unübersichtlichkeit“. Der Untertitel lautete: „Die Krise des Wohlfahrtsstaates und die Erschöpfung utopischer Energien“. Im Kern ging es um die Zerrissenheit des Zeitgeistes zwischen Geschichte und Utopie, aber auch um ein abnehmendes Vertrauen der westlichen Kultur in sich selbst. Dass Habermas nur wenige Jahre vor dem Glücksfall der Ostöffnung und der unmittelbar darauf einsetzenden, von anfänglichem Optimismus getragenen Globalisierung eine so ernüchternde