Konkurrenz & Kooperation

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Die Zahl der Studierenden an Fachhochschulen steigt ständig an. Sind die FHs dabei, den Universitäten endgültig den Rang abzulaufen? Ist ein Vergleich zwischen diesen beiden (Aus-)Bildungsinstitutionen überhaupt erlaubt? Eine Übersicht.

Zu Beginn dieses Studienjahres trat an der Karl-Franzens-Universität Graz ein neuer Lehrplan in Kraft. Dabei wurde das Fächerbündel "Bühne, Film und andere Medien" durch das Ergänzungsfach Medienwissenschaft ersetzt, was so manches Studentenherz höher schlagen ließ. Der Grund: Im alten "Medienfächerbündel" war die Absolvierung zweier Praktika vorgesehen - ein sechstägiges Redaktionspraktikum bei einer Zeitung und ein dreitägiges Rundfunkpraktikum. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 20 Studierende hatte in vielen Fällen eine mehrere Semester dauernde Wartezeit zur Folge. Oft beklagten sich die Studierenden, dass ihre Eigenleistung in beiden Praktiken nicht mehr als eine - in einer Tageszeitung gedruckte - Filmkritik betrug. Umso größer war die Freude, dass im Ergänzungsfach "Medienwissenschaft" von den Studierenden ein mindestens vierwöchiges Praktikum in einem Medienunternehmen nach freier Wahl absolviert werden sollte - eine Tendenz zur Praxisorientiertheit, wie man sie sonst eher von Fachhochschulen kennt.

Fachhochschule bevorzugt

Doch viele Studierende fanden es schwerer ein Praktikum zu erlangen, als ursprünglich angenommen. Nicht selten wurden mehr als ein Dutzend Bewerbungsschreiben abgeschickt, die den jeweiligen Betrieben oft nicht einmal eine Absage wert waren. Was war schuld an dieser Situation? Hatten es die Universitäten versäumt, ihre Absolventen ausreichend zu qualifizieren? Gerüchte wurden laut, dass sich viele Betriebe förmlich um Fachhochschüler rissen - in der Hoffnung, eine Investition zu tätigen, die sich für sie schon bald rechnen würde.

Tatsächlich rechnen Experten damit, dass bis 2005 bereits ein Drittel aller Studienanfänger den Weg in eine Fachhochschule beschreiten werden. Schon jetzt sind österreichweit 17.500 FH-Studierende registriert. Kein Wunder: Allein im Studienjahr 2002/03 nahmen 30 neue Fachhoschul-Studiengänge ihren Betrieb auf.

Mögliche Gründe für diesen Boom an den Fachhochschulen finden sich auf der Homepage www.studieren.at, die den Versuch unternimmt, Universitäten und Fachhochschulen direkt zu vergleichen - nicht ohne die Fachhochschulen attraktiver erscheinen zu lassen:

* Fachhochschulen sehen ihre Hauptaufgabe in anwendungsbezogener Lehre, die in der Praxis auftretende Probleme und Fragestellungen bevorzugt behandelt. Universitäten dagegen befassen sich hauptsächlich mit Forschungsaufgaben und könnten daher nur einen relativ kleinen Teil ihrer Arbeitszeit der Lehre widmen.

* Ein FH-Studium sei in einem vorgegebenen Zeitraum (meist sechs bis acht Semester) zu absolvieren, während sich auf Universitäten immer mehr das Klischee der Langzeitstudenten breit mache (durchschnittlich 13-14 Semester).

* Vortragende der Fachhochschulen hätten eine große Praxiserfahrung, Lektoren jedoch oft keinen Bezug zur Praxis.

Außerdem würden Fachhochschulen einer weitgehenden Aufsicht ausgesetzt sein, während auf den Universitäten zum Teil gegenteilige Situationen herrschten. Universitäten würden zudem oft als reformunfähig angesehen, Fachhochschulen hingegen als spezialisiert und modern organisiert.

Angesichts dieser Befunde sind die Hoffnungen groß, dass das Universitätsgesetz 2002 der Alma mater neues Leben einhauchen könnte. Tatsächlich zeigen die internationalen Entwicklungen im Hochschulbereich eine deutliche Bewegung weg von der Verwaltung und Führung der Universitäten durch Verordnungen und Gesetze hin zu einem strategischen Management. Die Verordnungskultur der letzten Jahrzehnte könnte mit dem neuen Universitätsgesetz einer modernen Vereinbarungskultur weichen - einerseits zwischen den Universitäten, andererseits auch innerhalb der Universitäten selbst.

Hoffen auf Unirat

Eines der drei Leitungsgremien der neuen hohen Schulen wird der Universitätsrat bilden - neben dem Rektorat und dem Senat. Ihm kommt künftig eine zentrale Bedeutung für die Arbeit der Universität zu, vergleichbar dem Aufsichtsrat eines Unternehmens. Zu einer seiner wichtigsten Aufgaben zählt die Wahl der Rektoren. In Zürich, Basel, Karlsruhe oder Konstanz arbeiten Universitätsräte in ähnlicher Form bereits sehr erfolgreich.

Gerade erst wurden die neuen Mitglieder des Unirates von den Gründungskonventen der 21 heimischen Universitäten gewählt. Ihre Liste liest sich wie ein Who is Who der heinmischen Wirtschaft - darunterEx-Vizekanzler Hannes Androsch (Montanuniversität Leoben), Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher (Wirtschaftsuniversität Wien) oder Mobilkom-Generaldirektor Boris Nemsic (Technische Universität Wien). Geringer repräsentiert sind der Kultur- und Mediensektor (etwa die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz als Unirätin der Universität für angewandte Kunst).

Aufgabe der Universitätsräte wird es unter anderem sein, die hohen Schulen für den Wettlauf mit den Fachhochschulen zu rüsten. Doch sind diese beiden Institutionen überhaupt zu vergleichen? "Universitäten haben eine andere Aufgabe als Fachhochschulen. Hier von einer unmittelbaren Konkurrenz zu sprechen, wäre falsch", erklärt Bernhard Pelzl, Geschäftsführer der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research und Professor für Medienwissenschaft an der Universität Graz (siehe Interview). Universitäten sollten für eine wissenschaftsorientierte Persönlichkeitsentfaltung sorgen, Fachhochschulen hingegen für eine berufsorientierte Wissensvermittlung. "Ich würde nie Fachhochschulen und Universitäten unter einem Qualitätsraster vergleichen", so Pelzl.

Das Verhältnis zwischen Universitäten und Fachhochschulen sollte weniger von Konkurrenzdenken als vielmehr von intensiverer Zusammenarbeit geprägt sein - etwa im Bereich von Lehrangeboten, Studiengangsentwicklungen, Forschungsaktivitäten und nicht zuletzt in der gemeinsamen Nutzung von Gebäuden. Eine Kooperation könnte helfen, künstliche Barrieren und Vorurteile zwischen den beiden Institutionen aus der Welt zu schaffen.

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