Ehrendoktor für „verprügelten Bischof“

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Die Theologische Fakultät Salzburg ehrt Erwin Kräutler: Seit seinem Studienabschluss vor gut 40 Jahren setzt sich der austro-brasilianische Bischof für Menschenrechte und gegen Umweltzerstörung ein.

Sein Doktoratsstudium heißt, Bischof der größten Diözese der Welt zu sein. Seine Dissertation ist sein Leben und seine Prüfungskommission sind die Christinnen und Christen der brasilianischen Prälatur Xingu. Überreicht wird Bischof Erwin Kräutler der Ehrendoktor aber am 7. Oktober von der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg – weil die Salzburger Theologenschmiede auf keinen ihrer Abgänger so stolz sein kann wie auf Dom Erwin, weil er in den 44 Jahren nach seinem Studienabschluss an der Salzach bewiesen hat, wie herzlastig der „Sitz im Leben“ eines kopflastigen Theologiestudiums sein muss.

Kräutlers „Option für die Armen“ ist die offizielle Begründung für die Ehrung des bereits vielfach Ausgezeichneten. „Farbe bekennen“, nennt das der Austro-Brasilianer. Und als Motivation für seinen Einsatz für Menschen- und Minderheitenrechte und gegen die Ausbeutung der Umwelt nennt er nur einen Grund: Die Bibel – denn „wir sind Teil dieser Schöpfung und Gott hat uns in die Welt gesetzt, um sie zu behüten und sie für die nächste Generation lebbar zu machen“. Und: „Ich werde das durchziehen, bis ich 75 bin“ – er also das kanonische Alter für das Ansuchen um Abdankung für Bischöfe erreicht hat. Doch kann ein Bischof wie Kräutler dann so einfach in „Pension“ gehen? Aber noch ist Zeit, im Juli dieses Jahres ist der gebürtige Vorarlberger erst 70 geworden; nach der Matura (er war ein Schulkollege des früheren Feldkircher und heutigen St. Pöltner Bischofs Klaus Küng) trat er in die Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut ein. 1965 zum Priester geweiht, ging er noch im selben Jahr als Missionar ins Amazonasgebiet.

Kopfgeldjäger auf Bischof angesetzt

1981 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Xingu geweiht und trat als solcher die Nachfolge seines Onkels Erich Kräutler an. Xingu ist mit 350.000 Quadratmetern viermal so groß wie Österreich und wird von rund 400.000 Menschen, darunter 3500 Indianern, bewohnt. 1983 wurde Kräutler als „der verprügelte Bischof“ bekannt. Wegen Teilnahme an einer Solidaritätsaktion für die indigene Bevölkerung hatte ihn die Militärpolizei verprügelt. 1987 überlebte er schwer verletzt einen inszenierten Autounfall. Mittlerweile steht Kräutler unter Polizeischutz; so wie zwei andere Bischöfe in Brasilien, auf die ebenfalls mehrere Hunderttausend Euro Kopfgeld ausgesetzt sind.

Die Morddrohungen können Kräutler nicht stoppen: „Ich bin überzeugt, dass das, was ich tue, mit meiner Sendung als Bischof vereinbar ist. Ich werde nie den Leuten meinen Rücken zudrehen, weil eine verschwindend kleine Mafia mir nach dem Leben trachtet. Es gibt 90 Prozent und mehr der Bevölkerung, die auf der Seite des Bischofs stehen und genau das verteidigen, was ich verteidige.“

In seinem neuen Buch „Rot wie Blut die Blumen“ beschreibt Kräutler, was und wie er es verteidigt. Und wenn bei Pfarrvisitationen und sonstigen Gemeindebesuchen Plakate hochgehalten werden mit Botschaften wie „Dein Leid ist auch unser Leid, Bischof Erwin, wir lieben Dich“, dann ist er sich sicher, „dass das Reich Gottes hier und jetzt beginnt“.

Rot wie Blut die Blumen

Ein Bischof zwischen Tod und Leben

Von Erwin Kräutler, Otto Müller Verlag

2009, 180 Seiten, geb., e 18,–

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