Midnight in Paris - © Filmladen

"Midnight in Paris": Paris, Stadt meiner Träume

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"Midnight in Paris“: Woody Allen versucht sich einmal mehr am Lebensthema Bewusstsein vs. Unterbewusstein. Und lässt manches Klischee nicht aus.

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"Midnight in Paris“: Woody Allen versucht sich einmal mehr am Lebensthema Bewusstsein vs. Unterbewusstein. Und lässt manches Klischee nicht aus.

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Paris - Ein Fest fürs Leben. So lautet der Titel des Buches, in dem der alte Ernest Hemingway seine Erfahrungen in der Seine-Metrople nach Ende des Ersten Weltkriegs beschreibt. Von Scott Fitzgerald bis Gertrude Stein wurden einige da auch als handelnde Personen zu Weltliteratur.

Man kann Woody Allens jüngsten Streich "Midnight in Paris“ als Hommage an diese Erinnerungsliteratur sehen. Das mag ein Aspekt dieses Films sein. Aber wie immer ist bei Woody Allen das Ganze nicht nur einer Vorlage geschuldet, sondern der spezifischen Assoziation des New Yorker Stadtneurotikers.

Der erfolgreiche Hollywood-Drehbuchautor Gil (Owen Wilson) reist mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) nach Paris. Natürlich ist das eine antipodische Beziehung: Die Kalamität beginnt damit, dass Inez’ Eltern, die mit in Paris sind, am rechten Rand der Republikaner angesiedelt sind, was den liberalen Gil zur Weißglut bringt (und vice versa). Rachel nimmt außerdem Gils Ambitionen, einen Roman und nicht bloß Blockbuster-Drehbücher zu schreiben, nicht recht ernst.

Anschwellende Verwirrtheit

Als zum Überfluss noch der nervige Paul (Michael Sheen), ein College-Professor und Schwarm von Rachel auftaucht und mit allerlei Besserwisserei nervt, beginnt der Haussegen zwischen Rachel und Gil schief zu hängen - und endet damit, dass sich Rachel im Schlepptau von Paul und seiner Frau sich den bildungsbürgerlichen Touristenattraktionen hingibt, während Gil verzweifelt nach dem Savoir-vivre des Paris à la Hemingway umschaut, um dem vielleicht doch Inspiration für die literarische Ambition zu entlocken.

In dieser anschwellenden Verwirrtheit geschieht das Unglaubliche: Schlag Mitternacht findet Gil eine vollbesetzte 1920er-Karosse vor, wird steigt hinein - und gerät so ins Paris dieser Zeit. Er trifft alles, was auch bei Hemingway Rang und Namen hat (Scott Fitzgerald und seine trinkende Gemahlin Zelda, Hemingway, Joyce etc.). Und er gerät in die Fänge der Surrealisten, von Picasso über Dalí bis zu Filmemacher Luis Buñuel. Und Gertrude Stein (Kathy Bates) nimmt sich - wie bei den anderen - auch des Romans von Gil an.

Natürlich wirken sich die nächtlichen Zeitreisen von Gil nicht förderlich auf die Beziehung mit Rachel aus, und er verfällt der schönen Adriana (Marion Cotillard), Ex-Geliebter von Picasso und muss erleben, dass diese ganz und gar nicht Gils Faible für die 20er-Jahre teilt, sondern der Belle Époque mit Toulouse-Lautrec oder Gauguin nachtrauert. Flugs erhält Gils Zeitreise neue Dimension.

Touristische Klischees

Das Verweben von Bewusstsein und Unterbewusstsein in ein komödiantisches Setting ist seit jeher Woody Allens Kunst. Auf sie darf man auch in "Midnight in Paris“ setzen, und es erstaunt einmal mehr, wie es Allen gelingt, die nächste Facette seines alten Themas zu entwickeln.

Die größte Schwäche an diesem Opus liegt darin, dass sich der Filmemacher zu sehr auf touristische Klischees von Paris verlässt: Allen fantasiert Paris mit der Attitüde eines US-Touristen, der eben seinen Hemingway und einige Reiseführer gelesen hat. Man merkt (wie zuletzt auch bei den etwa in London angesiedelten Allen-Filmen): Der New Yorker kennt sich in den Subtexten dieser Gesellschaft nicht aus. Das macht "Midnight in Paris“ zwar nicht weniger amüsant, lässt aber doch Flair vermissen.

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