Mit einem Bären befreundet

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"Bravo, Schorschi!", tönte es Samstagabend quer durch soziale Netzwerke. Endlich hat es der "Schorschi" geschafft und wurde auch international anerkannt: Mit dem Silbernen Bären für die beste männliche Hauptrolle bei der Berlinale erhielt Georg Friedrich eine der begehrtesten Trophäen der Filmwelt. "Es ist unglaublich schön, wenn die eigene Arbeit wertgeschätzt wird", sagte Friedrich, 50, in seiner ersten Reaktion - viel mehr brachte er nicht über die Lippen. Aber das war weniger seiner Nervosität geschuldet als vielmehr seiner generellen Attitüde bei Interviews, Promotiontouren oder Preisverleihungen: Ein Mann der großen Worte war der "Schorschi" nie. Auch bei der Berlinale ging er den meisten Interviewanfragen aus dem Weg, manchmal ist er zu vereinbarten Terminen einfach gar nicht erschienen. Nach seiner Ausbildung an der Schauspielschule Krauss begann Friedrich ab 1983 zu einem Prototypen des österreichischen Idioms zu avancieren. Seine Sprechweise in tiefstem wienerischen Slang ist legendär, vor allem, seit er 2001 als Strizzi in Ulrich Seidls "Hundstage" international bekannt wurde. In einer pikanten Szene befiehlt er einem Puff-König mit vorgehaltener Waffe und brennender Kerze im Anus das Singen der Bundeshymne. "Ich kann ja den Text nicht", sagt dieser. "Land der Berge, gemma", schreit Schorschi. Szenenapplaus bei der Uraufführung in Venedig. - Szenen wie diese kratzen aber nur medienwirksam an der Oberfläche dieses zum Kult-Star avancierten Wieners. Lange war er auf Nebenrollen abonniert, darunter in Filmen wie "Müllers Büro","Böse Zellen","Silentium", Sokurows "Faust" oder nun Haders "Wilde Maus". Auch in den frühen Kinofilmen Michael Hanekes war er Stammgast. Mit "Helle Nächte", dem an sich verunglückten Wettbewerbsbeitrag von Thomas Arslan, rückt Friedrich zum Hauptdarsteller auf, in einer Vater-Sohn-Geschichte in Norwegens Einsamkeit, in der er tapfer gegen die Unabänderlichkeit anspielt, dass verlorene Zeit mit dem eigenen Kind nicht mehr wettzumachen ist. Georg Friedrich hat in Berlin dann doch noch was gesagt. Nämlich, dass er seine Filme nicht nach dem Drehbuch auswählt, weil er ein ganz schlechter Leser sei. "Ich kann Drehbücher nur schwer bewerten und beurteilen. Ich entscheide eher danach, ob ich dem Regisseur was zutraue und ob ich ihn gut leiden kann." Dann hat er seinem Silbernen Bären noch seinen Kaugummi aufgepickt: "Ich wollte den Preis damit nicht schmälern, sondern mich nur mit dem Bären anfreunden." Sie sind jetzt Freunde.

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