Wo Orange noch zählt

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Die Besetzung der ORF-Spitze ließ Hoffnungen auf eine Runderneuerung der Anstalt verfliegen. Es bleibt aber nichts übrig, als weiter um einen unabhängigen ORF zu kämpfen.

Man hat ja wohl noch einmal hoffen dürfen. Auf diesen Punkt kann man die medienpolitische Gefühlslage all derer bringen, die zumindest ein frisches Lüfterl auf dem Küniglberg erhofft haben. Nach der letzwöchigen ORF-Direktorenwahl, bei der Alexander Wrabetz sein Team mit Zweidrittelmehrheit durch den Stiftungsrat brachte, sind die Illusionen verflogen. Bei vielen kritischen Köpfen innerhalb des ORF sowie in den Initiativen für eine Stärkung eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen ORF macht sich Verbitterung breit: War man bloß nützlicher Idiot, damit nun eine Polit-Mannschaft durch eine andere Farbenlehre ersetzt wird? Mag sein, dass Österreich so funktioniert, wie es das Feilschen um die ORF-Spitze zeigt. Was hier allerdings passiert (ist), sollte einem doch die Sprache verschlagen.

Vorweg: Es gibt in Gestalt des designierten Programmdirektors Wolfgang Lorenz den Lichtschimmer für alle, die auf den ORF als öffentlich-rechtliches Qualitätsmedium setzen. Aber die Optik bleibt schief, besonders wegen des "orangen" Einflusses im Team. Bei drei der sechs Direktoren ist offensichtlich: Hier hat das BZÖ den "Postillon d'amour" gespielt. Dass der neue Informationsdirektor Elmar Oberhauser vor einigen Jahren ein Jörg Haider-Interview in der Sendung Sport am Sonntag so in die Länge zog, dass der Kärntner Landeshauptmann noch auf Sendung war, als schon längst die ZIB 1 beginnen sollte, wurde seinerzeit zu Recht als unglaubliche Entgleisung qualifiziert. Und dem designierten Radiodirektor Willy Mitsche, dessen Qualifikation für den neuen Job vor allem auf seine Bewährung in Kärnten zurückzuführen ist, hängt noch das Selbstinterview Jörg Haiders aus New York nach, das er für fünf Jahren ins ORF-Programm rückte. Man mag es nicht glauben: Orange, jene Farbe, die in diesem Wahlkampf so zerrinnt, soll den Küniglberg dominieren? Das BZÖ wird nach dem 1. Oktober eine ungleich kleinere Rolle spielen als heute - außer im ORF, wo seine Sympathisanten in der Chefetage so prominent vertreten sind. Es soll zwar auch im ORF vorkommen, dass, wenn sich der Wind dreht, manche ihr Fähnlein neu ausrichten. Aber für die Zukunftsfähigkeit der Anstalt ist all das kein gutes Zeichen.

Auch andere derartige Indizien gibt es. Wolfgang Fellner, Gründer jener Tageszeitung, die seit kurzem Journalismus mit Impertinenz anreichert (man erinnert sich: Österreich druckte das ORF-Interview mit Natascha Kampusch einfach auf Hochglanz nach ...) lobte in seinem Blatt das Wrabetz-Team als "klares Signal für Unabhängigkeit und Wandel" und wurde noch euphorischer: "Mit Elmar Oberhauser ist der denkbar unabhängigste Journalist im ORF zum neuen Info-Chef aufgestiegen." Wer österreichische Verhältnisse kennt, wird die Fellner'sche Umarmung für eine gefährliche Drohung halten - und ahnt, wie sehr da eine ORF-Hand die andere Österreich-Hand waschen könnte.

Es dämmert der - im ORF zur Zeit unterlegenen - schwarzen Reichshälfte einiges: Stiftungsrat Kurt Bergmann polterte im Kurier, das ORF-Gesetz sei "so notwendig wie ein Kropf". Wie wahr. Bloß: Das aktuelle Gesetz wurde vor fünf Jahren von jener Reichshälfte auf Schienen gebracht - auch, um die damalige ORF-Spitze rund um den Bürgerlichen Gerhard Weis auszuhebeln. Wenn Kurt Bergmann nun fordert, nach der Wahl das "ORF-Gesetz zu beseitigen", so steigt nicht von ungefähr der Geruch von Revanche für verlorene ORF-Wahlen auf. Ein Drittel des neuen Führungsteams, so Bergmann, sei "für den Job nicht qualifiziert". Man gewinnt solcher Sicht der Dinge viel ab. Aber: Haben denn die VP-nahen Stiftungsräte in den letzten Wochen so agiert, dass - statt politischem Kleingeld - das Wohl eines unabhängigen ORF im Mittelpunkt stand?

Man kann die ORF-Lage als deprimierend einschätzen. Es bleibt dennoch wenig anderes übrig, als die "nützlichen Idioten" des unerfreulichen Schachers auf dem Küniglberg zu ermutigen, weiterzutun: die Initiative "FreiRaum", die für einen runderneuerten ORF kämpft, die Unterschriftenaktion SOS-ORF. Gleiches gilt für die unabhängigen Medien im Lande: Der ORF mit seinem demokratie-und gesellschaftspolitischen Potenzial ist zu wichtig, als das man ihn - auch nach dem 1. Oktober -, der Willkür der Parteipolitik überlassen dürfte.

otto.friedrich@furche.at

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