6769442-1968_48_08.jpg
Digital In Arbeit

GERHARD SCHRÖDER - GUSTAV HEINEMANN / DIE KANDIDATEN

Werbung
Werbung
Werbung

Am 15. November 1968 wurde Gerhard Schröder als Kandidat der CDU/CSU für das Amt des Bundespräsidenten auf gestellt. Schon rund drei Wochen zuvor hatte die SPD einen Kandidaten präsentiert, der ebenfalls auf CDU-Vergangenheit zurückblik- ken kann und als ausgesprochen liberaler, gemäßigter Typ gilt. Der deutsche Bundesjustizminister Gustav Heinemann.

Schröder ist mit seinen 58 Jahren der jüngere der beiden Bundespräsidentenkandidaten. Bei der Bundesversammlung hat er aber gegenüber Heinemann den Vorteil, daß er zu den Stimmen der CDU/CSU nur 39 FDP-Stimmen gewinnen braucht. Trotzdem, auch er muß um einen Teil der 84 FDP-Stimmen buhlen.

Schröder, der immer als Mann der kleinen Koalition galt und damit auch auf FDP-Stimmen eher hoffen darf als der gescheiterte Kiesinger-Kandidat Weizsäcker, harmonisierte mit dem Bundeskanzler und Parteivorsitzenden nie. Im Kabinett der großen Koalition gab es für Schröder bereits nach einem guten halben Jahr den ersten großen Krach.

Aber Kenner des Bonner Parketts wußten, daß Schröder schon vorher etliche Auseinandersetzungen mit seinem dritten Kanzler gehabt hatte. Er, der schon früheren Kabinetts als Innen- und Außenminister angehört hatte, wollte 1967 nach diesem Eclat zurücktreten. Nur wenige Wochen später kam dann ein leichter Herzanfall in seinem Ferienhaus auf Sylt, der dazu führte, daß der ohnehin schon ruhige Schröder sich noch weiter aus der Tagespolitik heraushielt. Heute gilt Schröder wieder als voll gesundster Mann.

Schröder, ein früherer Düsseldorfer Anwalt und Aufsichtsrat in der Montanindustrie, ivar vor seiner Kabinettsmitgliedschaft bei der Linken gar nicht so unbeliebt. Große Ambitionen zeigte er zum Beispiel auf dem Sektor des Mitbestimmungsrechtes der Arbeiter. Als er aber 1953 Bundesinnenminister wurde, da vereinte er sich bald mit Adenauer, seinem ersten Chef in der Bundesregierung zu einem harten Kampf wider die SPD. 1959 war er der Promotor des Vorschlages, Erhard zum Bundespräsidenten zu machen.

Erst seit dem Jahre 1957 gehört dagegen der SPD-Kandidat für die Wahl zum Bundespräsidenten, Gustav Heinemann, seiner jetzigen Partei an. Er war Mitbegründer der CDU und war auch im ersten Adenauer-Kabinett. Als 1950 Bundeskanzler Adenauer jedoch die Militarisierung der Bundesrepublik betrieb und sich eindeutig westlich engagierte, da trat Heinemann aus dem Kabinett, und aus der CDU aus. Bald darauf gründete er eine „Gesamtdeutsche Volkspartei”.

Als Heinemann 1957 der SPD beitrat, wurde er noch im selben Jahr in den Bundestag gewählt und avancierte zum größten Gegner Adenauers.

Wie Schröder ist auch Heinemann Protestant, seine älteste Tochter allerdings ist Katholikin. In Deutschland gilt Heinemann als liberaler Mensch, der jede Ereiferung und Dogmatik in der Politik ablehnt. Für seine politische Entwicklung mag von Interesse sein, daß er außer der CDU, der SPD und der GVP (Gesamtdeutsche Volkspartet) auch noch Mitglied der deutschdemokratischen Studentengruppe und des christlich-sozialen Volksdienstes war. Da er selbst zugibt, 1933 SPD gewählt zu haben, bezeichnet man seine politische Vergangenheit als ausgesprochen schillernd.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung