Devise: Einfalt statt Vielfalt

19451960198020002020

Seit 1. März ist Österreichs Medienlandschaft um eine Konzentration reicher. Kein Wunder, bei der Medien-Nichtpolitik im Land.

19451960198020002020

Seit 1. März ist Österreichs Medienlandschaft um eine Konzentration reicher. Kein Wunder, bei der Medien-Nichtpolitik im Land.

Werbung
Werbung
Werbung

Das ältere Montagmagazin bejubelte in der Ausgabe vom 26. Februar sein 30-Jahrjubiläum mit dem "dicksten profil aller Zeiten", ein Plakat mit allen profil-Covern seit 1970 war beigelegt: Natürlich mag das Zusammentreffen des profil-Festes mit der gravierenden Weichenstellung auf dem Medienmarkt ein Zufall sein, ganz will man das nicht glauben: Warum feierte profil seinen Dreißiger nicht schon im September 2000, als der tatsächliche "Geburtstag" war?

Dass die österreichische Medienlandschaft sich weiter in Richtung Betonwüste entwickelt, dürfte trotz einem kurzen Aufschrei klar sein: Mit einem - einmal mehr entwürdigenden - Schaustück der Politik wurde also die Magazinehe zwischen der Fellner-Gruppe (News, Format, tv-media, e-media) und der Kurier-Gruppe (profil, trend, ...) Realität. Nimmt man die Magazine und die über die deutsche WAZ-Gruppe mitverflochtenen Tageszeitungen Kurier und Kronenzeitung, so sind nun 60 Prozent des Magazinmarktes und 60 Prozent des Tageszeitungsmarktes in einem Konglomerat aus Medienunternehmen miteinander verbunden.

Es nützte wenig, dass die verbliebenen Reste der nichtfusionierten Presse unisono einen späten Alarm auslösten: Justizminister Dieter Böhmdorfer, der früher für Jörg Haider Prozess um Prozess gegen News, profil, Format et cetera angestrengt hatte, fand plötzlich keinen Grund mehr, die Fusion zu beeinspruchen.

Günter Traxler bezeichnete im Standard das Konglomerat als "Krokufellwaz-Medien" (bis dato firmierte die schon genug problematische Medienpartnerschaft zwischen Kurier und Krone unter dem vom damaligen furche-Chefredakteur Hannes Schopf geprägten Kürzel "Krokuwaz"). Auch Presse, Kleine Zeitung, Falter und so weiter ärgerten sich öffentlich und ließen kein gutes Haar an der hiesigen Medienpolitik, die sich einmal mehr als Medien-Nichtpolitik erwies.

Natürlich war in den beteiligten Medien in Sachen Fusionierung nur Gutes zu lesen. Im Format vom 5. März preist Medienzar Wolfgang Fellner die Magazinehe und beschimpft die Printmedien, die es gewagt hatten, kurz, heftig, aber zu spät gegen den Deal zu opponieren. Und im Kurier fühlte sich Herausgeber-Chefredakteur Peter Rabl bemüßigt, vor allem den Kritikern in Presse und Standard vorzuwerfen, sie würden in der Auseinandersetzung anstatt mit Samthandschuhen mit dem "verbalen Schlagring" agieren.

Rabl behauptete sogar, durch die neue Konstruktion wäre die Meinungsvielfalt auf dem Medienmarkt sowie die Unabhängigkeit des profil gewährleistet. Immerhin, so Rabl, wäre beim "verlegerischen Zusammengehen von Kronenzeitung und Kurier" schon das Ende eines funktionierenden Medienmarktes und der Meinungsvielfalt vorhergesagt worden. Das alles sei nicht eingetreten. Im Gegenteil: Neue Medien wie der Standard seien entstanden und alte - wie die Presse - hätten steigende Auflagen zu bejubeln. Man könne in Krone und Kurier täglich nachlesen, dass beide Zeitungen "in nahezu allen wesentlichen Fragen" unterschiedliche Positionen vertreten würden, so der Kurier-Boss.

Medienkonzentration als Garant der Medien- und somit der Meinungsvielfalt? Das klingt nicht nur nach einer faulen Ausrede, um Österreich zu einem medienpolitischen Garten Eden schönzureden. Die Wirklichkeit sieht anders aus - wie wenige Beispiel zeigen: * Österreichs Politik befindet sich seit Jahren in Geiselhaft bestimmter Medien: Gegen Hans Dichand und die Kronenzeitung traut sich niemand ernsthaft Politik zu machen (und wenn doch - siehe Erhard Busek - ist das politische Schicksal besiegelt). In den letzten Jahren ist zusätzlich der diesbezügliche Einfluss der Fellner-Medien rapid gestiegen. Wer wollte glauben, dass die handelnden Politiker gegen verschränkte Interessen von Dichand und Fellner ankommen könnten? Einfalt statt Vielfalt - mit solchem Wortspiel ist die heimische Medienpolitik jedenfalls treffend charakterisiert. (In dieser Diskussion darf zusätzlich nicht vergessen werden, dass es auf dem elektronischen Sektor mit dem Giganten ORF ebenfalls nur einen landesweiten "Player" gibt: Auch hier stehen die Rahmenbedingungen noch immer aus - was politische Unabhängigkeit des ORF und Fair-Play-Regeln gegenüber den anderen Medien betrifft.)

* Auch das frivole Wechselspiel zwischen Politik und Medien, das - geschickt ausgereizt - für beide nutzbringend sein kann, wird durch die Konzentrationsvorgänge weiter befördert: Wenn Jörg Haider etwa die Fellner-Medien mit Entgegnungen und Klagen überzieht, profitiert er gleichzeitig von deren Berichterstattung. Wie umgekehrt diese Magazine vom Thema Jörg Haider profitieren. Ein abstoßendes Beispiel lieferte just das erste Format nach der Magazinfusion: Dort lamentiert Herausgeber Herbert Langsner im Leitartikel über die antisemitischen Ausfälle Jörg Haiders in seiner Rieder Aschermittwochrede und die Tolerierung derselben durch das öffentliche Österreich. Gut zehn Seiten später wird aber dem einfachen FPÖ-Mitglied im Interview einmal mehr Format zur Verfügung gestellt, um seine Weltsicht zu verbreiten.

* Schließlich bedeutet die Medieneinfalt auch für Journalisten eine starke Verminderung beruflicher Perspektiven: Dass ein Gutteil der heimischen Printjournalisten nun im "Krokufellwaz"-Reich unterkommen muss, spricht für sich.

* Eine zusätzliche Facette der nun weiter eingeengten Medienvielfalt stellen die Berichte über die Vorgänge auf dem Mediensektor dar: Es ist klar, dass jedes Medium, da es unmittelbar betroffen ist, dabei auch mit eigenen Interessen operiert. Medienkonsumenten sollten daher gerade hier alles Geschriebene mit besonderer Vorsicht genießen - und sich jedenfalls nicht auf die Darstellung eines einzelnen Mediums verlassen. Wenn aber - wie im Falle des neuen Medienkonglomerates - die Berichterstattung (oder auch die auffällige Nicht-Berichterstattung) in den Medien der beteiligten Unternehmen nur mehr die Botschaft vermittelt, wie gut die Fusion für die Meinungsvielfalt und die Unabhängigkeit der Medien sei, dann dürfen sich Herr und Frau Österreicher mit Recht für dumm verkauft vorkommen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung