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Die Pläne der Banken

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Probleme der Sicherung des Lebensstandards im Alter stehen seit einigen Jahren vermehrt im Mittelpunkt privater Überlegungen und der öffentlichen Diskussion. Dazu beigetragen haben nicht nur der erhöhte Lebensstandard und damit auch die Möglichkeit, für die Pension anzusparen, sondern auch eine Verunsicherung über die Möglichkeiten der Sozialversicherung, die finanzielle Absicherung des Lebensabends voll abzudecken. Insbesondere in jenen Fällen, wo das Aktiveinkommen die Höchstbeitragsgrundlage deutlich überschreitet, ist eine zusätzliche Ersparnisbildung notwendig, um einen starken Einkommensabfall bei Pensionsantritt zu verhindern. Neben Reformüberlegungen zur Sozialversicherung trat daher in den letzten Jahren immer stärker die Überlegung hervor, Pensionskassen als Instrument der betrieblichen Altersvorsorge zu einem ergänzenden Instrument neben der Sozialversicherung zu schaffen.

Die in einigen, vor allem international tätigen Unternehmungen sowie Banken und Versicherungen gebildeten Pensionsrückstellungen waren ja seit dem zweiten Abgabenänderungsgesetz 1977 durch steuerliche Diskriminierung nur mehr teilweise gedeckt, sodaß im Zuge der Diskussion um die Sanierung der verstaatlichten Industrie paradoxerweise gerade aus diesem Anlaß ein hohes Maß an Bereitschaft zu Überlegungen entstand, Pensiorisverpflichtungen aus den Bilanzen der Unternehmungen in rechtlich und finanziell selbständige Rechnungskreise überzuführen. Dabei darf man nicht vergessen, daß die betriebliche Altersvorsorge in Österreich im Vergleich mit den wichtigsten ausländischen Volkswirtschaften eine derzeit sehr geringe Rolle spielt; die Einkommensleistungen daraus betrugen vier Prozent an den gesamten Pensionsleistungen in Österreich, wogegen in Ländern wie Bundesrepublik, Schweiz oder Schweden diese Werte zwischen acht und 22 Prozent betragen. Hier ist also international einiger Nachholbedarf gegeben.

Es ist damit zu rechnen, daß ein entsprechendes Pensionskassengesetz gekoppelt mit einem Betriebspensionsgesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden wird. Es wird sowohl beitrags- wie auch leistungsorientierte Systeme beinhalten und sich sowohl auf betriebliche wie auch überbetriebliche Pensionskassen erstrecken. Theoretisch war schon bisher die Bildung von betrieblichen Pensionskassen möglich, aufgrund der steuerlichen Rahmenbedingungen aber bisher so unattraktiy, daß sie de facto keine Rolle gespielt haben. Trotz des vorhin erwähnten Aufholbedarfes ist dennoch nicht damit zu rechnen, daß in den ersten Jahren von den Unternehmungen eine sehr große Bereitschaft gegeben sein wird, dieses Instrument zu benützen. Einerseits bedeutet die Gewährung von Pensionszusagen eine wesentliche Mehrbelastung für die Unternehmungen, andererseits sind die innerbetrieblichen Voraussetzungen insbesondere rechtlicher Natur nicht unerheblich. Insbesondere die Banken bekunden jedoch sehr lebhaftes Interesse an der Gründung von vor allem überbetrieblichen Pensionskassen. Hiefür gibt es mehrere Gründe:

• Der regelmäßige Zustrom von langfristig zur Verfügung stehenden Geldern in den Pensionskassen ist eine wesentliche Komponente für starke, liquide und funktionsfähige Kapitalmärkte in nahezu allen ausländischen Volkswirtschaften. Diese „starken Hände“ üben einen im allgemeinen sehr verstetigenden Einfluß auf Zins-und Börsenentwicklungen aus. Dadurch wird auch die Professionalität des Marktgeschehens erhöht.

• Zur Absicherung der realen Einkommen der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten ist aufgrund der sehr langen Dauer der An- und Absparvorgänge mit einem tendenziell hohen Teil an Realwertveranlagungen zu rechnen. Dies wird insbesondere die Aktien- und Immobilienmärkte betreffen. Historisch gesehen hat in diesem Jahrhundert die Veranlagung in diesen Märkten in fast allen Perioden die Veranlagung in Nominalwerten ertragsmäßig übertroffen.

• Durch die zumindest anfangs in kleineren Beträgen erfolgende Aufstockung der Kapitalien empfiehlt sich zum Zwecke der Risikostreuung und Kostenminimierung die Veranlagung in Fonds; Beispiele wie zum Beispiel die Schweiz mit ihren Anlagestiftungen zeigen, daß hier bedeutende Kostendegres-sionsef f ekte erzielt werden können.

• Die Akquisition und Betreuung eines Unternehmens in einer überbetrieblichen Pensionskasse stellt ein ausgezeichnetes Instrument zur Kundensicherung dar.

• Generell stellen Instrument und Märkte zur Stabilisierung der Einkommenserwartungen mit hohem Interesse an inflationsarmen Entwicklungen eine ausgezeichnete Voraussetzung für funktionierende Kapitalmärkte dar.

Wer sind nun die möglichen Teilnehmer in diesem neuen Markt? Zunächst ist damit zu rechnen, daß einige Unternehmungen mit bestehenden Pensionszusagen, die bisher Rückstellungen gebildet haben, diese in betriebliche oder überbetriebliche Kassen auslagern werden. Diese Entscheidung wird möglicherweise durch die ab 1990 zu bildende 50prozentige Wertpapierdeckung für Rückstellungen und den damit verbundenen Liquiditätsabfluß erleichtert. Bei einigen international tätigen Unternehmungen wird darüber hinaus auch ein höheres Interesse gegeben sein, die Ausnahmestellung der österreichischen Töchter, die durch die im internationalen Vergleich eher seltenen Rückstellungen und damit bewirkten Verzerrungen des Bilanz- und Erfolgsbildes entstehen, durch Auslagerungen zu beseitigen. Einige wenige Großunternehmungen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit betriebliche Pensionskassen gründen; da die gesetzliche Mindestanzahl bei tausend Anwarschafts- und Leistungsberechtigten liegt, die betriebswirtschaftliche Mindestgröße um einiges darüber, wird aufgrund der österreichischen Betriebsgrößenstruktur die Anzahl dieser Betriebe naturgemäß bescheiden sein.

Unter Ausklammerung der Übertragung von Rückstellungen im Sinne eines Einmaleffektes ist wahrscheinlich davon auszugehen, daß das Beitragsvolumen jährlich in einer Größenordnung von fünf bis zehn Milliarden Schilling liegen wird. Daraus folgt, daß es volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich wahrscheinlich nicht zweckmäßig ist, daß eine hohe

Anzahl von Kassen in diesem Markt agiert, da sonst eine unzweckmäßige und kostenintensive Fragmentierung des Marktes entstünde. Die vom Gesetz vorgeschriebene Mindestkapitalisierung mit 70 Millionen Schilling sollte hier allerdings einen Hemmschuh darstellen.

Auf die Banken kommt mit diesem neuen Instrument auch eine neue Dimension von Anforderungen an die Beraterkapazität heran; besonders im betrieblichen Bereich wird die Unterstützung der langfristig und finanziell wesentlichen Entscheidungen der Unternehmungen durch entsprechende professionelle Beratung zu unterstützen sein. Daneben wird aber auch in der Planung der persönlichen Altersvorsorge des Privatkunden der Aspekt der betrieblichen Pension eine wesentliche Rolle spielen und Ansatzpunkte für cross selling-Möglichkeiten für private Sparpläne und dergleichen bieten.

Vor diesem Hintergrund überrascht es daher nicht, wenn sich zwischen Banken und Versicherungen einige Gruppierungen abzuzeichnen beginnen, die zum Teil sektoral orientiert für die kleineren Institute tätig werden wollen.

Mit diesem neu geschaffenen Instrument der betrieblichen und überbetrieblichen Pensionskassen wird Österreich nicht nur einen wesentlichen Schritt zur internationalen Angleichung von arbeits-und sozialrechtlichen Voraussetzungen schaffen, sondern auch den Unternehmungen die Möglichkeit eröffnen, zur Anwerbung von qualifizierten Mitarbeitern wettbewerbsfähige Pakete anzubieten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration in die internationalen Märkte.

Der Autor ist Vorstandsdirektor der Ersten österreichischen Spar-Casse - Bank.

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