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Die wichtigste Ölstraße der Welt

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Oman, vor zehn Jahren noch ein unbeschriebenes Blatt, ist heute wichtigster Vorposten des Westens an der wichtigsten Ölstraße der Welt. Und ein Vorbild an Entwicklungspolitik.

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Oman, vor zehn Jahren noch ein unbeschriebenes Blatt, ist heute wichtigster Vorposten des Westens an der wichtigsten Ölstraße der Welt. Und ein Vorbild an Entwicklungspolitik.

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„Ich werde sofort den Kurs ändern." — „Brauchen Sie aber nicht." — „Warum fahren Sie mich dann so scharf an?" — „Wir haben ein paar verdammte Journalisten an Bord, die euch fotografieren möchten. Mit japanischen Kameras. .."

Der Kapitän des japanischen Öltankers hatte offenbar ein schlechtes Gewissen gehabt. Jedes 20. Schiff versucht, die vorgeschriebene Route durch Abschneider zu unterlaufen.

Und der Kapitän des omanischen Schnellbootes war stolz darauf, daß die Kriegsmarine des Sultanats auch von den mächtigen Japanern so ernst genommen wird.

Alltag in der Straße von Hor-muz (der Piratenküste aus den Tagen Sindbads des Seefahrers): jener an der schmälsten Stelle 50 km breiten Meerenge zwischen Iran und Oman, durch die 90 Prozent des in Japan verbrauchten Erdöls, 60 Prozent des westeuropäischen und 30 Prozent des US-Öls passieren: pro Tag 50 bis 60 Super schiffe. (Die üblicherweise berichteten 80 sind eine Übertreibung, wie ein Blick in die Aufzeichnungen am nördlichsten Stützpunkt der Oman-Marine auf der Ziegeninsel zeigt).

Ottomanen, Perser, Portugiesen und Briten haben die Meerenge, den einzigen Schiffahrtsweg für Irak, Iran, Kuweit, Saudiarabien, Katar, Bahrein und die Vereinigten Arabischen Emirate, im Lauf der Jahrhunderte beherrscht.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts regieren hier wieder die Araber, in der Schah-Zeit freilich vom Iran zurückgedrängt. Seit dem irakisch-iranischen Krieg hat Oman wieder das Sagen.

Dieser Krieg bindet zwei Großmächte, die sich gern in die Golfangelegenheiten einmischen:

kein Wunder, daß die kleineren Golfstaaten über diese Ablenkung nicht sehr unglücklich sind. Sie möchten nur, daß es in diesem Krieg keine Sieger und keinen Besiegten, sondern am besten zwei Geschwächte gibt. Derzeit sieht es so aus, als tröge diese Hoffnung nicht.

Oman hat seihe kleine, überwiegend noch immer von britischen Offizieren geführte Streitmacht auch noch an einer zweiten Front fitzuhalten: gegenüber der Volksdemokratischen Republik Jemen (Südjemen), wo Sowjets, DDR-Berater urid Kubasoldaten das Regime auf Ostkurs halten.

Seit Niederschlagung des von Südjemen aus unterstützten „Befreiungskriegs" in der omanischen Südprovinz Dhofar (dem legendären Paradiesgarten der biblischen „Königin von Saba") vor sechs Jahren herrscht an diesem Frontabschnitt relative Ruhe.

„In den letzten Jahren sind aber auch alle Gründe für einen Aufstand weggefallen," argumentieren die Anhänger von Sultan Ka-bus bin Said, der 1970 an Stelle seines ins britische Exil geschickten Vaters an die Macht gehievt worden ist.

Bis dahin war Oman ein Land von vorgestern gewesen. Bedienstete wurden wie Sklaven gehalten, durften keine Schule besuchen, nicht radfahren, keine Brillen tragen und mußten in der Dunkelheit eine Lampe zum Gesicht halten,, erinnern sich viele noch heute.

Unter Sultan Kabus setzte eine zielstrebige, aber überlegte Reform- und Aufbaupolitik ein: Schulen, Straßen, Spitäler wurden gebaut. Seit 1967 wird Erdöl exportiert, das in Oman zwar nicht so üppig fließt wie anderswo am Golf, aber doch über 90 Prozent der Budgeteinnahmen ausmacht und — vorläufig — den Verzicht auf eine persönliche Einkommensteuer erlaubt.

„Wir denken aber auch schon an die Zeit nach dem Erdöl", erläutert Mohamed M. El-Shazly vom regierungsamtlichen Entwicklungsrat, „und wir verzichten auf weiße Elefanten", also auf Prestigeprojekte, für die allzu viele Entwicklungsländer Investitionsmittel verpulvern.

Oman ist auch hier ein Vorbild: eine Bewässerungsanlage wird hier, eine Kunstmühle dort gebaut, ein Zementwerk und eine Ölraffinerie, aber alles auf Heimbedarf abgestellt und nicht auf irreale Exporthoffnungen.

Fremdkapital wird durch Steueranreize angelockt und vor allem in Joint ventures geschätzt. Eine solche Mischfirma mit omanischem und österreichischem Kapital leitet seit vielen Jahren sehr erfolgreich der österreichische Honorarkonsul in Oman/ Gottfried Reitmaier: die Darwish-Ast-Baugesellschaft, die u.a. den neuen Sultanspalast errichtete.

Reitmaier sieht noch immer Chancen für österreichische Qualitätsprodukte (Textilien, Leder, Agrarerzeugnisse usw.) auf dem omanischen Markt, bedauert aber, daß manche Großunternehmen wenig Initiative und Risikobereitschaft zeigen, während Kleinfirmenbesitzer nach Oman fahren und nie ohne Aufträge heimkehren.

Das große Geschäft in Oman machen Briten, Niederländer und vor allem Japaner, wovon man sich allein auf den Datsun-, Mazda- und Toyota-überfüllten Straßen der Hauptstadt Maskat überzeugen kann.

Relativ wenig engagiert in Oman ist die Bundesrepublik Deutschland. Dafür betreibt diese aktive Entwicklungspolitik auch in Südjemen, obwohl dieser Staat neben Äthiopien, Syrien und Libyen unzweifelhaft eine zentrale Rolle in der sowjetischen Zugriffspolitik auf die Erdölregionen spielt.

„Das verstehen wir nicht", schütteln offizielle Vertreter des auf westliche Freunde bauenden Sultanates den Kopf. Sie sind mit ihren Zweifeln nicht allein.

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