Israelisch-palästinensischer Konflikt: Zerrissenes Land

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Die Vulnerabilitätsforscherin Hildegund Keul über die Gewaltspirale in Israel.

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Die Vulnerabilitätsforscherin Hildegund Keul über die Gewaltspirale in Israel.

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Nicht einmal in Israel ist man vor den „neuen geistlichen Gemeinschaften“ sicher. Oder gerade dort? Gleich am ersten Tag wurde ich bei meiner Studienreise mit ihnen konfrontiert. Sie besetzen Top-Orte am See Gennesaret: das „Neokatechumenat“ mit einem Protzbau oben auf dem Berg der Seligpreisungen; und die „Legionäre Christi“ ausgerechnet an jenem Ort, aus dem wahrscheinlich Maria Magdalena stammte. Ausgerechnet, denn die „Legionäre“ haben mit ihrer Kirche ein Frauenbild in Stein gemeißelt, das mit dieser charismatischen Führungskraft der jungen Kirche nichts zu tun hat: die Apostel bzw. Priester im Hauptraum mit erhöhtem Blick auf den See, die Frauen abgeschoben ins Atrium. Eine klare Platzanweisung. Die salbungsvolle Rede vom „Geheimnis der Frau“ versucht lediglich, den Machtzugriff auf Frauen zu verschleiern.

Von solchen Gemeinschaften sind keine Impulse zu erwarten für das, was im Land am drängendsten erscheint: der israelischpalästinensische Konflikt. Er hat sich in den letzten Jahren nochmals verschärft. Die Siedlerbewegung arbeitet vielerorts gezielt auf die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung hin. Der Anschlag eines Palästinensers Mitte August in der Altstadt von Jerusalem zeigt die hemmungslose Vulneranz der anderen Seite. Die Situation erscheint gewaltsam festgefahren. Gibt es kein Drittes gegenüber der Spirale von Gegengewalt und Gegen-Gegengewalt?

Einen Hoffnungsschimmer erzeugen die Menschen, die den Blickwechsel üben und auf der „eigenen“ Seite die Vulneranz, auf der „anderen“ Seite die Vulnerabilität sehen. Vielleicht realisieren sie etwas von dem, was der StreetArt-Künstler Banksy an die Sperrmauer in Betlehem malte: der leichtfüßige Schwung eines Mädchens, das zu einem Strauß Luftballons greift und über die Mauer schwebt. Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg

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