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Peter und Paul, die ungleichen Apostel
Der 29. Juni war zwar nie ein gebotener Feiertag, dennoch gehört das Fest der zwei Apostel zu den wichtigsten Gedenktagen im Kirchenjahr. Beide Pioniere der frühen Christenheit werden an einem Tag gefeiert, ihre Gewichtung ist allerdings verschieden geblieben.
Das beginnt schon in der Liturgie. Am Fest Peter und Paul hören wir von der Vollmachtsübertragung an Petrus (Mt 16,19). Daß die gleiche Übertragung bei Matthäus auch im Plural steht (18,18), davon ist nicht die Bede - ebensowenig ist im katholischen Bewußtsein verankert, daß Paulus gegenüber seinen Gemeinden eine vergleichbare Vollmacht in Anspruch nahm und ausübte. Das befähigt und legitimiert ihn auch dazu, dem Petrus „ins Angesicht zu widerstehen”, wo es sein Gewissen verlangt (Gal. 2,11).
In den beiden Aposteln begegnen einander zwei verschiedene Vorstellungen von Struktur und Leitung in der Kirche - zumindest nach dem uns vermittelten Bild der kirchlichen Tradition; vom Neuen Testament her sind so manche Ausprägungen ja noch nicht so eindeutig: Dem Apostel, der die Schlüssel hält steht jener gegenüber, der gleichsam „vor Ort” wirkt, in den verschiedenen Gebieten der (damaligen) Welt.
Beide wissen vermutlich, daß sie in ihren Aufgaben aufeinander angewiesen. Paulus setzt den Schwerpunkt auf die Kirche am Ort, ja auf die Kirchen an den verschiedenen Orten, die untereinander durch das gemeinsame Bekenntnis zu Jesus Christus, weniger durch Übereinstimmung in Struktur- und Disziplinfragen verbunden sind. Petrus wird durch das Verständnis, vor allem des Matthäusevangeliums, die Idee einer universalen, umfassenden Kirchenleitung zugeordnet. Keines dieser Kirchenverständnisse kann für sich allein stehen; wird eines radikal durchgesetzt, verliert das andere den unabdingbaren Entfaltungsraum.
Wir feiern nach unserem Kalender Peter und Paul. Wenn sich das Gedenken an beide an einem Tag verträgt, sollte auch in unserem Kirchenbewußtsein deutlicher Platz haben, wofür die beiden Apostel, jeder für sich, stehen.
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