Attacke auf Salman Rushdie: Das geknebelte Wort

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Trotz Mordanschlags zeigt sich Salman Rushdie geistig ungebrochen. Ein starkes Zeichen im Kampf für Meinungsfreiheit und gegen das fatale Wechselspiel aus Eifer, Empfindlichkeit und Hass.

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Trotz Mordanschlags zeigt sich Salman Rushdie geistig ungebrochen. Ein starkes Zeichen im Kampf für Meinungsfreiheit und gegen das fatale Wechselspiel aus Eifer, Empfindlichkeit und Hass.

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Es war am 14. Februar 1989, knapp fünf Monate nach Erscheinen der „Satanischen Verse“, als der greise iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini einen folgenschweren Erlass veröffentlichte: „Der Verfasser des Buches [...], das gegen den Islam, den Propheten und den Koran erdichtet, gedruckt und verlegt worden ist“, sowie all jene, „die an seiner Publikation beteiligt sind und den Inhalt kennen, sind zum Tod verurteilt. Von allen glaubenseifrigen Muslimen wünsche ich, dass sie jene, wo immer sie sie finden, unverzüglich exekutieren“.

Wenige Monate nach diesem als Rechtsgutachten („Fatwa“) verpackten Mordaufruf starb Khomeini. Er selbst war in Salman Rushdies bitterböser Satire als „Geisterbeschwörer“ dargestellt worden – und hatte die allgemeine Empörung genutzt, um sich als Anführer der islamischen Welt zu positionieren. Reformpräsident Mohammed Khatami erklärte die Fatwa zwar 1998 offiziell für beendet, doch sie blieb wirksam – und toxisch. Vergangene Woche wurde Salman Rushdie schließlich von einem 24-jährigen US-Amerikaner libanesischer Herkunft attackiert – just im Rahmen einer Veranstaltung über die USA als Zufluchtsort für verfolgte Künstler. „Tausend Bravos“, jubelte die regierungsnahe iranische Zeitung ­Kayhan. Als Gipfel der Perfidie machte Außenminister Nasser Kanaani Rushdie selbst für den Angriff verantwortlich: Meinungsfreiheit rechtfertige schließlich nicht die Beleidigungen von Religion.

Warum keine Proteste?

In der zivilisierten Welt ist das Entsetzen groß. Noch ist das genaue Motiv des Täters unklar, Hinweise auf eine späte Radikalisierung eines religiös kaum Gebildeten passen aber ins bekannte Schema. Einmal mehr macht die Mobilisierungskraft aggressiven „Glaubenseifers“ sprachlos – wie auch die besondere Empfindlichkeit und Provozierbarkeit großer Teile des Islam. Das Ausbleiben lautstarker Proteste gegen die Attacke auf Salman Rushdie im Namen der eigenen Religion ist irritierend.

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