machatschkala zaun - © Handout / Press service of the Head of Dagestan / AFP  -  Bild: Zerstörter Zaun am Flughafen von Machatschkala/Dagestan, wo am 30.10. ein Pogrom versucht wurde.

Israel und Hamas: Die Unwahrheit der Bilder

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Von den Hamas-Brutalitäten des 7. Oktober gibt es kaum Bilder – im Gegensatz zu Zerstörungen in Gaza. Das führt zu einem fatalen Ungleichgewicht in der Wahrnehmung des Geschehens.

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Von den Hamas-Brutalitäten des 7. Oktober gibt es kaum Bilder – im Gegensatz zu Zerstörungen in Gaza. Das führt zu einem fatalen Ungleichgewicht in der Wahrnehmung des Geschehens.

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Den Krieg der Bilder hat Israel längst verloren. Schon kurz nach den Hamas-Pogromen am 7. Oktober war dies sonnenklar: Der Redakteur, der in den internationalen Agenturen nach Bildern aus Israel suchte, fand eine überwältigende Zahl von Aufnahmen aus Gaza; die israelischen Angriffe auf den hoffnungslos überbevölkerten Landstrich sind bildermäßig zurzeit wie kaum sonst ein Ereignis dokumentiert.

Von den Gräueltaten der Hamas in Südisrael hingegen gibt es keine Bilder. Man kann die menschenverachtenden Schändungen nicht zeigen, heißt es. Und auch wenn keine Zweifel an den Geschehnissen bestehen: Worte über die unfassbare Brutalität reichen nicht aus, um diesen Gipfelpunkt der Entmenschung bewusst zu machen. Was die Bilder betrifft, war Israel also von Anfang an in der Defensive, und jedes neue Bild aus Gaza delegitimiert in den Augen der Weltöffentlichkeit alle Versuche, dem Terror der Hamas mit militärischen Mitteln Einhalt zu gebieten, ein weiteres Stück. Eine Lose-lose-Situation für Israel?

Wer die Bilder hat, hat die Macht: Derartige Erkenntnis ist längst nicht neu. Die Kulturkritikerin Susan Sontag hat darüber bereits vor 20 Jahren in ihrem Essay über Kriegsfotografie „Die Leiden anderer betrachten“ Allgemeingültiges formuliert. Wenig später, 2004, gab es die Bilder vom Abu Ghraib-Gefängnis in Bagdad und den Folterungen durch die US Army. Es waren gewiss nicht die schlimmsten Gräueltaten im Irakkrieg, aber die Bilder wurden wirkmächtig wie kaum etwas in diesen Jahren.

Eine globale Welle an Antisemitismus

Es steht zu befürchten, dass derartige Mechanismen erneut nachhaltig greifen. Von dem gerade noch verhinderten Pogrom im kaukasischen Dagestan (Bild oben) bis zu den anti­semitischen Schmierereien an Universitäten von Washington bis Wien reicht der Bogen einer globalen Welle an Antisemitismus, der sich im demokratischen Westen aus einer Koalition von linken „Antikolonialisten“ bis zu muslimischen Milieus speist. Auch die Klimaprotestbewegung ist davon längst erfasst. Wobei der in der islamischen Welt generierte Israelhass und der daraus resultierende Antisemitismus weniger auf religiöse Wurzeln, denn auf politische Propaganda zurückzuführen ist: Arabische Christen unterscheiden sich in dieser Hinsicht wenig von ihren muslimischen Landsleuten.

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