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Sind wir allein im Kosmos?

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Bei einer Untersuchung aller Daten und Beobachtungen, die über eine An­zahl jener Fixsterne vorliegen, die sich unserem Sonnensystem am nächsten befinden, sind Astronomen zum Schluß gelangt, daß keiner dieser fernen Sterne Planeten besitzt. Das ist ein - wenn auch nur leiser - Dämpfer auf die Hoff­nung mancher Wissenschafter und vie­ler Science-fiction-gläubiger Laien, es könnte da draußen irgendwo in den Unendlichkeiten des Kosmos intelli­gente Lebewesen geben, Brüder im All sozusagen.

Welche Theorie immer man für Ent­stehung, Wesen und Ende des Weltalls heranziehen will, in jedem Fall steht fest, daß es eine unvorstellbar große Zahl von Fixsternen gibt. Zieht mari zu solchen Spekulationen die nähere Um­gebung des Sonnensystems heran, näm­lich Fixsterne mit einer mittleren Ent­fernung von etwa 5,6 Parsec, das sind rund 16 Lichtjahre (man erinnere sich: das Licht legt in der Sekunde 300.000 Kilometer zurück!) so kommt man auf zehn Sterne: Keiner von diesen hat Be­gleiter.

Selbstverständlich wird man zehn Sterne im Verhältnis zu den Milliarden und Abermilliarden von Sternen im Weltall nicht im mindesten für „reprä­sentativ“ ansehen können. Aber die Chance, daß wir irgendein Lebenszei­chen intelligenter Wesen im All emp­fangen oder ihnen von unserer Existenz Nachricht geben könnten, schwindet doch beträchtlich dahin.

Vergeblich also die ins All entsand­ten Raumsonden mit solchen Botschaf­ten, vergebens die gewaltigen Emp­fangssysteme, die Amerikaner und So­wjets aufgebaut haben, um etwaige Ra­diobotschaften von Planeten fremde* Sonnen zu empfangen? Immerhin hat die Suche nach Radiosternen die Astro­nomie zu großartigen Entdeckungen - wie etwa der Pulsars und Quasars - ge­

führt, die uns Nachricht von Geburt und Tod der Sterne geben.

Nun darf man aber fragen, was denn eigentlich so außerordentlich wichtig an dieser Frage ist, ob wir nun allein im All sind oder nicht? Welch merkwür­dige Möglichkeiten sich bei diesen Überlegungen auftun, beweist doch, daß sich etwa in der katholischen Kir­che sehr ernsthaft Theologen mit der Frage beschäftigt haben, ob Lebewesen menschenähnlicher Art eines fremden Sonnensystems mit oder ohne Erb­sünde geboren wurden? Ob auch für sie Jesus Christus am Kreuz starb?

Ein sehr kluger Mann, der Begrün­der der Paneuropa-Bewegung Graf Ri­chard Coudenhove-Kalergi - ein über­zeugter Atheist -, meinte einmal, das Ende des 20. Jahrhunderts werde auch das Ende des Christentums sein. Weil, so erklärte Coudenhove seine These, das Christentum - wie schon das Alte Testament - auf einer geozentrischen Weitsicht beruhe, das heißt, daß die Erde den Mittelpunkt der Welt bildet, um den sich Sonne, Mond und alle Sterne drehen.

Man lernt zwar in der Schule, daß sich die Erde um die Sonne dreht, und sogar diese wieder um einen Punkt in der Milchstraße. Aber verstanden, wirklich begriffen, hat das bisher kaum einer - es sei denn die Wissenschafter -, nämlich so, daß es zu einer inneren Selbstverständlichkeit geworden wäre. Man glaubt, was man sieht, und daß sich da die Sonne und der Mond um die Erde drehen, liegt auf der Hand.

Coudenhove freilich meinte, es werde, mit den immer größeren Fort­schritten der Raumfahrt, den Men­schen zu Bewußtsein kommen, daß sie nur ein winziges Atom in einem unend­lichen All seien. Es war ihm gewiß nicht bewußt, wie sehr er sich den An­schauungen näherte, die man in Mos­kau hegt, wo man einen zur Erde zu­

rückgekehrten Kosmonauten im Fern­sehen berichten ließ, er habe „da oben“ weder den lieben Gott noch Engel ange- trbffen.

Hinter diesem primitiven Scherz steckt freilich der Wunsch des Materia­lismus - welche Form er auch annimmt

• ein Weltbild plausibel zu machen, daß errechenbar, auszuloten und abzumes­sen ist. Doch scheint gerade in der Meßbarkeit die Fußangel zu liegen. Wahrscheinlichkeitsrechnungen besa­gen, daß sechs Prozent aller Sterne die Voraussetzungen bieten müßten, um Planeten zu besitzen, auf denen intelli­gentes Leben möglich ist.

Da es aber Milliarden und Abermilli­arden Sterne gibt, so müßten diese sechs Prozent eine unwahrscheinlich hohe Zahl ausmachen. Und von all dem ist nicht zu merken? Trotz aller An­strengungen der Amerikaner mit ihrem SETI-Programm und der Russen mit dem ähnlichen CETI-Programm? Trotz gewaltiger himmelwärts gerich­teter Antennen?

So bleiben dem Menschen, der offen­bar auch gar nicht gerne allein sein will

• und wo Kirchen schwinden, schlei­chen sich Sekten ein -, nur kleine grüne Männchen aus den UFOs, mit freilich übermenschlicher Intelligenz. Aber schon C.G.Jung meinte, die mythenbil­dende Kraft der Menschenpsyche schaffe sich eben solche Dinge. Es be­steht ja auch - weil es ja stets das Satyr­spiel in der Tragödie gibt - jener Über­rest des Sterngötterglaubens, den wir als Astrologie kennen.

Wie wir es aber nun auch drehen und wenden, wie phantastische Berechnun­gen wir auch anstellen mögen, es ist an der Tatsache nicht vorbeizukommen, daß wir allein sind. Allein und - trotz aller anderslautender Wahrscheinlich­keit - einzigartig. Ein Stäubchen nur im Weltall und allein.

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