Bunte Innsbrucker Runde - Was rauskäme, wenn sich die „Schwarzen Mander“ in der Innsbrucker Hofkirche ebenfalls vom ÖVP-Spaltpilz anstecken ließen, hat FURCHE-Layout-Chef Rainer Messerklinger hier illustriert. - © Wolfgang Machreich (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)

Innsbruck: Inmitten des Wahl-Kuddelmuddels

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13 Listen und eine Vier-Prozent-Hürde machen die Innsbrucker Wahl am kommenden Sonntag zum österreichweiten Sonderfall. Den Spaltpilz kultiviert hat die ÖVP – alle anderen ließen sich davon anstecken.

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13 Listen und eine Vier-Prozent-Hürde machen die Innsbrucker Wahl am kommenden Sonntag zum österreichweiten Sonderfall. Den Spaltpilz kultiviert hat die ÖVP – alle anderen ließen sich davon anstecken.

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Tiroler Brauchtumspflege bedeutet in der Innsbrucker Stadtpolitik die Fortsetzung der langen Tradition von Parteispaltungen – auch bei der Gemeinderatswahl am kommenden Sonntag. Seit mehr als 50 Jahren hat der Spaltpilz die Parteienlandschaft in der Tiroler Landeshauptstadt befallen, rechnet der Innsbrucker Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer vor: „1971 hat sich der ‚Tiroler Arbeitsbund'‘ von der Innsbrucker Volkspartei abgespalten.“ Die Abspaltung wurde aber durch Koppelung mit der ÖVP überbrückt; so wie beim „Innsbrucker Mittelstand“, der in den 1980ern mit eigener Liste antrat, nicht ohne weiter der Stammpartei „in einer Art Seniorpartner-Juniorpartner- Arbeitsteilung“ verbunden zu bleiben.

Karlhofer nennt zwei Gründe, die diese Abspaltungen beförderten: Zum einen sei aufgrund der lange prädominanten Stellung der ÖVP in Tirol und der Marginalisierung anderer Parteien „der politische Wettbewerb so etwas wie eine innerparteiliche Angelegenheit der ÖVP geworden“.

Olymp am Inn

Beim zweiten Grund, der Parteispaltungen beförderte, verweist Karlhofer auf „den gewaltigen Modernisierungsschub in Innsbruck ab den 1960er Jahren, Stichwort Olympische Spiele“. So wie sich die Stadt baulich, gesellschaftlich, sozial, kulturell veränderte, „haben sich auch in der ÖVP unterschiedliche Interessengemeinschaften herauskristallisiert“.

Lore Hayek, die an der Universität Innsbruck zu Wahlkämpfen und Wahlwerbung forscht, antwortet auf die Frage nach dem Grund für diese lange Innsbrucker Parteispaltungstradition: „Innsbruck ist das einzige urbane Zentrum Tirols, und man hatte hier schon früh das Gefühl, dass es für die Stadt eine andere Art von ÖVP braucht, als sie für das ländliche Tirol passt.“ Um andere Wählerschichten zu erreichen, sagt Hayek, habe sich hier das bürgerlich-konservative Lager mehr ausdifferenziert, „während man sich im Rest von Tirol klassisch auf die bäuerlichen, ländlichen Wählerschichten konzentriert hat“.

Ein Meister der Ausdifferenzierung war Herwig van Staa. 1994 hebelte er mit seiner Liste „Für Innsbruck“ den ÖVP-Bürgermeister aus dem Amt, wurde selbst Stadtoberhaupt, 2000 wiedergewählt und wechselte 2002 als ÖVP-Landeshauptmann vom Rathaus ins Landhaus. Den Kampf um das Bürgermeisteramt gewann van Staa, „weil er sich die Modernisierung der Stadt auf die Fahnen heftete und zugleich bürgerlich- konservativ blieb“, beschreibt Karlhofer die Erfolgsstrategie. Obwohl in Konkurrenz zur Stadt-ÖVP auftretend, blieb van Staa Mitglied der Tiroler Volkspartei, so wie seine beiden „Für Innsbruck“-Nachfolgerinnen im Bürgermeisteramt. „Auch wenn ab 1994 mit zwei Etiketten und nicht ohne Rivalität antretend, war es von 1945 bis 2018 immer die ÖVP, die alle Innsbrucker Bürgermeister stellte“, sagt Karlhofer.

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