7092739-1994_36_02.jpg
Digital In Arbeit

Denn sie wissen nicht, was sie tun

19451960198020002020

Während in Kairo die UNO-Weltbevölkerungskonferenz über die Bühne geht, läuft in Österreich ein Verwirrspiel um Positionen und Standpunkte.

19451960198020002020

Während in Kairo die UNO-Weltbevölkerungskonferenz über die Bühne geht, läuft in Österreich ein Verwirrspiel um Positionen und Standpunkte.

Werbung
Werbung
Werbung

Familienministerin Maria Rauch-Kallat wird absurderweise für den „Nationalbericht“ der österreichischen Bundesregierung allein verantwortlich gemacht. Denn wie die Jungfrau zum Kind, so kam Rauch-Kallat in den Geruch, anläßlich der Präsentation des „Nationalberichts“ für Kairo die Abtreibung zu propagieren. Insbesondere der Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien warf der Familienministerin vor, „chinesische Verhältnisse“ zu fördern. Wobei es sich bei diesem Bericht um kein Geheimdossier der Familienministerin handelt, wie manche Zeitungsmeldungen auf den ersten Blick vermuten lassen. So wirft die Tageszeitung „Die Presse“ am 30. August der Familienministerin im Zusammenhang mit der Abtreibungspille RU 486 vor, sie „trete für die derzeit verbotene Pille ein“. Der betreffende Passus im „Österreich- Bericht“ (Seite 44) hingegen liest sich gänzlich anders: „Noch nicht in Österreich erlaubt ist die Abtreibungspille RU 486. Diskussionen und Untersuchungen darüber sind im Gange. Insbesondere das Bundesministerium für Frauenangelegenheiten tritt dafür ein, RU 486 zuzulassen, ,da sie medizinisch abgesichert ist und diese mögliche Erleichterung des Schwangerschaftsabbruches den Frauen nicht vorenthalten werden sollte’. Gegen eine solche Zulasssung werden jedoch Einwände erhoben.“ Wer weiß nicht, daß die Frauenministerin Johanna Dohnal und nicht Maria Rauch-Kallat heißt? „Die Presse“ erregte sich bereits am 27. August über ein vermeintliches „Papier“, das die Familienministerin bei der Präsentation des Berichts verteilt haben soll. Peinlicherweise handelte es sich bei dem von Rauch- Kallat bei der Pressekonferenz „vorgelegten Papier“ um die Seite 7 aus dem „Nationalbericht Österreich.“ Am 31. August berichtete „Die Presse“ zähneknirschend, daß Maria Rauch-Kallat eigentlich „gegen eine Zulassung der jAbtreibungspille’ RU 486 sei. Rauch-Kallat sei nicht für eine Genehmigung. Es hatte dazu mißverständliche Darstellungen gegeben“, meldete das bunte Großformat.

Ähnlich mysteriös ist die Causa zwischen Familienministerin Maria Rauch-Kallat, Kardinal Hans Her mann Groer und dem Katholischen Familienverband der Erzdiözese Wien. Der Vizepräsident des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien, Alfred Racek, hatte im Zusammenhang mit der Präsentation des „Nationalberichts Österreich“ durch Maria Rauch-Kallat die „ÖVP als für Christen unwählbar“ bezeichnet. Familienministerin Maria Rauch-Kallat, die daraufhin laut „Kathpress“ am Samstagabend (27. August) bei Kardinal Groer zwecks Klärung der Kontroverse zwischen ihrem Ministerium und dem Katholischen Wiener Familienverband vorgesprochen hatte, hatte vom Kardinal eine Rücknahme dieser Aussage beziehungsweise eine Entschuldigung des Vizepräsidenten zugesichert bekommen. In einem Brief an den Vizepräsidenten (datiert vom 29. August) schreibt Rauch-Kallat: „Bezüglich der Angriffe auf die Österreichische Volkspartei erwarte ich von Ihnen die mir von seiner Eminenz, Kardinal Dr. Groer, zugesagte öffentliche Rücknahme Ihrer Aussage bzw. Entschuldigung.“

Rauch-Kallat wies damit auch ein am 27. August von Racek an sie adressiertes Telegramm zurück. Der Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien dehnte mittlerweile seine Kritik am Bericht der österreichischen Bundesregierung auch auf die SPÖ aus, die „für Christen nicht wählbar“ sei. „Es ist mir ganz und gar nicht wurscht“, zeigte sich Maria Rauch-Kallat am Donnerstag (2. September) darüber erregt, daß sich der Vizepräsident des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien noch immer nicht bei ihr entschuldigt hat.

Rauch-Kallat suchte am Donnerstag um ein zweites Gespräch bei Kardinal Groer an. Am Montag schließlich betonte Kardinal Groer, daß Äußerungen einzelner Katholiken der „authentischen Qualifikation und Kompentenz“ entbehren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung