Der slowakische Populist a. D.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Teilung der Tschechoslowakei vor 20 Jahren sei eine "ungeheuer schwierige, aber notwendige Aufgabe“ gewesen. Dies schrieb der tschechische Präsident Václav Klaus an Vladimír Meˇciar zu dessen 70. Geburtstag am 26. Juli. So unterschiedlich die politische Positionierung dieser beiden Männer sich darstellt, so gemeinsam ist ihnen der Machtinstinkt: Es waren Klaus, damals Ministerpräsident der tschechischen Teilrepublik, und Meˇciar, sein Pendant in Bratislava, welche die - friedliche - Teilung des Landes in zwei unabhängige Staaten betrieben. Friedlich, aber mit demokratischen Schönheitsfehlern: Anderswo in Europa hätte man bei einer so folgenschweren Frage wie der Teilung eines Landes das Volk entscheiden lassen. Doch in der Tschechoslowakei des Jahres 1992 gingen die Uhren nicht in diese Richtung; der Erfolg der Teilungsaktion lässt dessen demokratiepolitischen Makel aber mehr und mehr verblassen. Die Details der damaligen Vorgänge harren noch der Enthüllung: Vor einiger Zeit ließ Meˇciar verlauten, er schreibe seine Memoiren und wolle da auch die Gespräche mit der tschechischen Seite offenlegen, die vor der Teilung stattgefunden hatten.

Während Václav Klaus seit jenen Tagen eine konstante wie bestimmende Größe der Politik geblieben ist - heute sitzt er als Staatspräsident auf dem Prager Hradschin, hat sich Vladimír Meˇciar, nachdem seine Partei HDZS bei den Wahlen im März 2012 in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht ist, aus der Politik zurückgezogen.

Dabei war Meˇciar in den 90er-Jahren die alles beherrschende politische Figur der Slowakei gewesen, der ob seiner (links-)populistischen, nationalistischen, auch antisemitischen Rhetorik und Attitüde das junge Land beinahe in die internationale Isolation geführt hatte. Doch er reüssierte im Inneren: Er gewann die Wahlen 1992 und 1994 und amtierte bis 1998 als slowakischer Ministerpräsident. Er konnte damals in Windeseile Hunderttausende mobilisieren und war bei derartigen Massenkundgebungen ein begnadeter Redner.

Obwohl er verschiedentlich den langjährigen CSU-Politiker Franz Josef Strauß als politisches Vorbild nannte, zeichnete er sich weit über dessen Machtinstinkt durch immer größere Nähe zu autoritärer Politik aus. Säuberungen und Besetzungen mit eigenen Leuten im öffentlichen und staatsnahen Bereich gehörten ebenso dazu wie eine außenpolitische Ausrichtung vor allem nach Russland hin. Persönlich wurde Meˇciar in dieser Zeit Bereicherung an den Privatisierungen bis hin zu kriminellen Straftaten vorgeworfen, unter anderem die Beteiligung an der Entführung des Sohnes des Staatspräsidenten Michal Kováˇc 1995 - diese konnte ihm aber nie nachgewiesen werden

Obwohl seine "Bewegung für eine demokratische Slowakei“ (HZDS) auch nach den Wahlen von 1998 und 2002 als stärkste Kraft hervorging, gelang es ihm nicht, Koalitionspartner zu finden, sodass eine rechtskonservative Regierung ans Ruder kam, die die Slowakei in die EU sowie in den Euro führte.

In der Opposition begann Vladimír Meˇciars Stern zu sinken. Bei den Wahlen 2006 überflügelten Robert Fico und seine Partei SMER die HZDS, Meˇciar bildete aber eine Koalition mit Fico, ohne selbst der Regierung anzugehören. Bei den Wahlen 2010 flog die HDZS mit nur 4,3 Prozent der Stimmen aus dem Parlament und 2012 erreichte sie gar weniger als ein Prozent. Der Rückzug Vladimír Meˇciars aufs politische Altenteil war dann nur mehr eine Frage der Zeit.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung