Stunde des Parlaments

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Die ÖVP braucht offenkundig noch längere Zeit, um über die Ursachen ihrer Niederlage nachzudenken, und zieht den Gang in die Opposition vor. Da andere Mehrheiten nicht herstellbar sind - aus ideologischen wie pragmatischen Gründen wird es eine rot-grün-blaue Koalition nicht geben -, bietet sich eine Minderheitsregierung an, um Neuwahlen zu vermeiden. Österreich hat diese Regierungsform in der Zweiten Republik ein einziges Mal ausprobiert, in Schweden und Dänemark wird sie seit Jahrzehnten praktiziert - die Reformen des Sozialstaats wurden dort von Minderheitsregierungen mit Zustimmung der Opposition durchgeführt.

Minderheitsregierungen sind die große Stunde des Parlaments und der Projekte, für die sich Koalitionen der Vernunft bilden. Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung sollte dabei an erster Stelle stehen. Das Institut für Wirtschaftsforschung hat ein "Weißbuch" vorgelegt, mit einem Konzept zur Ankurbelung des wirtschaftlichen Wachstums, das im Parlament eine breite Mehrheit finden müsste. Eine radikale Bildungsreform ist Teil einer solchen Wachstums- und Beschäftigungsstrategie. Auch für eine zeitgemäß Frauenpolitik, die die Frauen weder zurück an den Herd noch in schlecht bezahlte Jobs schicken will, müsste eine Mehrheit zu finden sein.

Dass Österreich in der Energiepolitik eine Wende braucht, um von der Abhängigkeit von fossilen Energien wegzukommen, ist schon fast ein Gemeinplatz; warum also kein gemeinsames Förderprogramm für alternative Energien? Und schließlich wäre eine Zuwanderungs- und Integrationspolitik notwendig, die den von FPÖ und BZÖ geschürten Ängsten und Vorurteilen den Boden entzieht. Wechselnde Mehrheiten für große Projekte. Die Debatten im Parlament könnten Politik wieder spannend machen.

Die Autorin war ORF-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

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