Eine Moschee für jede Landeshauptstadt

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Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, löste eine neue Debatte über Moscheen und Minarette aus.

Politisch sei der Zeitpunkt der Aussagen von Anas Schakfeh, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), zum Bau weiterer Moscheen vielleicht wenig geschickt gewesen. Unbestritten sei jedoch, dass der Bau von Moscheen zur Religionsfreiheit gehört, sagt Richard Potz, Religionsrechtler an der Universität Wien gegenüber der FURCHE.

Grund für die neuerliche Diskussion über Moscheen in Österreich war ein APA-Interview Schakfehs am vergangenen Sonntag. Darin erklärte er, dass er sich als „Hoffnung für die Zukunft“ in jeder Landeshauptstadt Österreichs eine nach außen erkennbare Moschee inklusive Minarett wünsche: „Denn auf lange Sicht kann man Menschen nicht verbieten, ihre wirkliche religiöse Freiheit, die verfassungsgeschützt ist, auszuüben.“

Sind Minarette notwendig?

Zwar könnten Muslime auch in Moscheen ohne Minarette beten, „aber eine Kirche hat eine Struktur, eine Architektur. Und eine Moschee hat auch eine Architektur“, so Schakfeh. Man könne aber einen „Stil für Mitteleuropa“ finden, Kompromisse in der Höhe der Minarette eingehen und auch ohne Lautsprecher leben.

Den Bedarf an neuen Moscheen sieht Schakfeh jedenfalls gegeben: „Die Anzahl der muslimischen Bevölkerung ist bei einer halben Million angelangt, was wir an Bethäusern haben, reicht nicht aus.“

In Österreich ist der Islam schon seit einiger Zeit zur zweitgrößten Glaubensgemeinschaft nach der katholischen Kirche herangewachsen. Den 500.000 Muslimen stehen 200 Gebetsräume zur Verfügung. Erkennbare Moscheen, mit Minaretten gibt es vier: Die älteste befindet sich seit 1979 in Wien-Floridsdorf, weitere gibt es in Saalfelden, Telfs und Bad Vöslau.

In Kärnten und Vorarlberg gibt es Landesgesetze, die den Bau von Moscheen mit Minaretten verhindern sollen. So sorgt in Kärnten ein Ortsbildpflegegesetz dafür, dass eine Sonderkommission über den Bau von „ortsunüblichen Bauwerken“, wie etwa einer Moschee, entscheidet. In Vorarlberg ist seit 2008 eine Sonderwidmung der Gemeindevertretung unter anderem für religiöse Gebäude notwendig, durch die das Land ein Mitspracherecht erhält.

Die Reaktionen auf Schakfehs Vorstoß fielen erwartungsgemäß aus. FPÖ und BZÖ zeigten sich empört über den Vorschlag weiterer Moscheen. Harald Vilimsky, Generalsekretär der FPÖ bezeichnete Moscheen als „Brutstätten des radikalen Islams“ und fordert ein „Zuwanderungsverbot für Personen aus dem islamischen Raum“. FPÖ-Obmann Hans-Christian Strache teilte seinen Standpunkt in den ORF-„Sommergesprächen“ am Montagabend mit: „Gebetshäuser ja, aber keine Mehrzweckeinrichtungen, kein Minarett und kein Muezzin.“ Die anderen Parteien waren zurückhaltender. ÖVP-Obmann Josef Pröll zeigte sich ablehnend, Schakfehs Wunsch sei ihm zu plakativ. Grünen-Bundesrat Efgani Dönmez hält Minarette für nicht notwendig, und Omar Al-Rawi, SP-Gemeinderat in Wien sowie Integrationsbeauftragter der IGGiÖ, qualifiziert den Vorschlag als eine „Vision“ für die Zukunft.

„Eine Moschee soll nicht versteckt sein“ meinte Schakfeh anlässlich der Reaktionen von FPÖ und BZÖ im Ö1-Morgenjournal. „Denn versteckte Dinge sind immer problematisch und verdächtig. Wir wollen weder problematisch, noch verdächtig sein, sondern ganz normale Bürger und Bürgerinnen des Landes.“

Unbestritten Religionsfreiheit

„Europaweit ist unbestritten, dass der Bau von Moscheen zur Religionsfreiheit gehört“, meint Religionsrechtler Richard Potz. Und dies habe nach den Bedürfnissen und Vorstellungen der Gläubigen zu geschehen – das bedeute auch: mit Minaretten. Zwar gebe es baurechtliche Vorgaben und Ortsbildschutzbestimmungen, welche zu beachten seien, religiöse Bauten seien dabei allerdings von Höhenbeschränkungen ausgenommen.

Die Bestimmungen, die seit 2008 in Kärnten gelten, hält Potz für bedenklich. Spezielle Regelungen oder Begrenzungen für eine bestimmte Religion seien durch die Rechtsordnung nicht gedeckt. Zudem gebe es „offenkundig Bedarf“ an neuen Moscheen, wenn man die wachsenden Zahlen der muslimischen Bevölkerung in Österreich betrachte, so Potz.

Als unmittelbaren Hintergrund für den Vorschlag einer „nach außen erkennbaren Moschee“ in jeder Landeshauptstadt vermutet Potz in der neuen Verfassung der IGGiÖ, die 2009 in Kraft trat. Denn diese sehe für jedes Bundesland eine zentrale Einrichtung und eine Religionsgemeinde vor.

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