Gemeinsam in die Öffentlichkeit

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Will man den Streit über die Sichtbarkeit der Religion im öffentlichen Raum an zwei Gegenständen dingfest machen, dann sind das wohl das christliche Kreuz und das muslimische Kopftuch, auch wenn beide Symbole nicht miteinander vergleichbar sind.

Frauen mit Kopftuch gehören mittlerweile zum Straßenbild. Was für die einen kein Problem darstellt, ist für andere eine Provokation. Der Rassismus gegen Frauen mit Kopftuch nimmt zu, resümiert der "Rassismus-Report 2010“ der Initiative ZARA. Für Christen sei es kein Problem, muslimische Frauen, die freiwillig das Kopftuch tragen, zu akzeptieren, so Kardinal Christoph Schönborn bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche.

Dagegen vorzugehen, ist auch Aufgabe der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), deren Gremien derzeit neu gewählt werden. Neben den positiven Rückmeldungen für ihre Arbeit gab es immer wieder Kritik: nicht alle Muslime würden vertreten werden, neben den Schiiten als Anhänger einer bestimmten Richtung des Islams seien auch die Türken nicht durch die IGGiÖ repräsentiert.

Dies soll sich jetzt ändern. Am Ende der aktuellen Wahlen sollen auch Schiiten, alle großen muslimischen Vereine sowie Mitglieder, Moscheen und Vereine von ATIB, der Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Österreich, in den Führungsgremien der IGGiÖ vertreten sein. Als größter Dachverband muslimischer Vereine und Gemeinden war dieser bisher nicht an der Glaubensgemeinschaft beteiligt. Heuer nehmen sie erstmals aktiv an der Wahl teil. "Wir wollen die IGGiÖ stärken, deswegen müssen wir uns einfach daran beteiligen und gemeinsam diskutieren, wie wir die IGGiÖ noch verbessern können“, erklärt Seyfi Bozkus, türkischer Botschaftsrat in Wien und Vorsitzender von ATIB, bei einer Podiumsdiskussion in Wien in der vergangenen Woche. Damit die IGGiÖ den Islam auch glaubwürdig in der Öffentlichkeit präsentieren kann, müssen auch die Schiiten an Bord sein. "Wir nehmen die Sorgen dieser Gruppe sehr ernst. Wir haben versucht, Minderheitenrechte so zu schreiben, dass sie Vertreter auf alle Fälle delegieren können, aber nur, wenn sie sich auch wirklich um die Wahl und um eine hohe Wahlbeteiligung bemühen“, so Omar Al Rawi von der IGGiÖ, der an der Diskussion im Wiener Otto Mauer Zentrum ebenfalls teilnahm.

Ausbildungsstätte in Österreich gefordert

Und noch etwas wurde deutlich bei der Veranstaltung, die von der Plattform "Christen und Muslime“ organisiert wurde: Eine eigene Fakultät an einer staatlichen Universität in Österreich, die für die Ausbildung von Imamen und Religionslehrer zuständig ist, wäre ein weiterer Schritt in Richtung Anerkennung und Öffentlichkeit des Islams in Österreich. Damit wäre auch die Sorge, wonach Imame von der österreichischen Kultur und von den Lebensgewohnheiten hierzulande keine Ahnung hätten, der Nährboden entzogen.

Zurück zu den Frauen mit Kopftuch: Das Klischee der unterdrückten islamischen Frau, die sich nicht zu Wort melden darf und will, gehöre immer mehr der Vergangenheit an. "Ich bin überzeugt, dass mehr Frauen kommen, die Frauen werden immer mutiger, sie wollen auftreten, sie wollen sich mehr engagieren, sie nehmen die Opferrolle nicht an“, zeigte sich Nadire Mustafi, die sich in ihrer Gemeinde in Hollabrunn engagiert, bei der Diskussion überzeugt - und erntete Beifall von vielen muslimischen Männern.

Bisher nahmen rund 100.000 Musliminnen und Muslime die komplizierte und kostenpflichtige Prozedur auf sich, um sich für die Wahl registrieren zu lassen - das ist ein Fünftel aller Muslime in Österreich.

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