Ratzinger stieß auf Widerstand

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Als dieser Kommentar abgefasst wurde, hatte das Konklave noch gar nicht begonnen, von einem Ergebnis ganz zu schweigen. Aber eine interessante Meldung hatte bereits die Runde gemacht: Gegen den als Favoriten gehandelten bayerischen Kurienkardinal Joseph Ratzinger, hieß es, habe sich aus dem Kreis deutscher Kardinäle bereits Widerstand geformt. Wie das, mochten sich viele fragen, warum gerade deutscher Widerstand gegen einen deutschen Papst nach Jahrhunderten? Da gilt es, einer Erinnerung nachzuhelfen.

1993 entbrannte ein schwerer Konflikt, als der Papst von den deutschen Bischöfen einen Ausstieg aus der Konfliktberatung von Schwangeren verlangte: weil auch ein kirchlicher Beratungsschein als Erfüllung der Beratungspflicht galt. Natürlich sagte die Kirche nie: Treibe ab! Aber nach der Beratung war die schwangere Frau frei, sich zu entscheiden. Dem Vatikan war eine Gewissensentscheidung suspekt. Der Beratungsschein musste weg, damit er auch nicht ungewollt und indirekt einem Schwangerschaftsabbruch den Weg ebnete.

Die deutschen Bischöfe rangen, angeführt von Erzbischof Karl Lehmann, verzweifelt um einen Kompromiss, schrieben Briefe, fuhren nach Rom, bestürmten den Papst, nicht ihren Ausstieg aus der Beratung zu verlangen. Vergeblich. Johannes Paul II. zwang sie 1999 alle in die Knie, nur Bischof Franz Kamphaus von Limburg blieb mannhaft stehen und büßte mit einer Kompetenzbeschneidung.

Dass die Bischöfe eines ganzen Landes, die die Situation daheim doch besser kennen sollten als die römische Zentrale, nirgendwo auf der Welt so behandelt werden möchten (auch konservative nicht!), ist klar. An die Mitwirkung von Kardinal Ratzinger an dieser Demütigung dürften einige deutsche Kardinäle ihre Kollegen Papstwähler rechtzeitig erinnert haben.

Der Autor ist freier Publizist.

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