Irgendwie ist die ganze Sache mit dem Rom-Besuch der österreichischen Bischöfe leichter zu deuten, als es in manchen ätzenden Kommentaren zum Ausdruck kommt. Hat wirklich jemand erwartet, der mit der Besiegelung seines Lebenswerkes befaßte Papst würde nach dem Salzburger Delegiertentag der Katholiken Österreichs freudig Reformen einläuten? Was nur weltkirchlich neu zu regeln ist, darf man nicht mehr von diesem Pontifikat erwarten. Das ist doch keine Überraschung. Positiv ist, daß keine Türen zugeschlagen wurden, auch vom Papst nicht.
Neu an diesem ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe war die positive Grundstimmung, die es nach den Aussagen aller Teilnehmer gab und die man jetzt nicht wegraunzen sollte. Unsere Hirten sind schon mit sehr zerzausten Haaren aus Rom heimgekehrt. Diesmal gab es geduldiges Zuhören, Ermunterung für eine Fortführung des Dialogs und Anerkennung für Anerkennenswertes. Das ist ein Verdienst einer großen Mehrheit der Bischöfe und ihres Vorsitzenden, Kardinal Schönborn, die ohne Schönfärberei, aber auch ohne Panikmache ein ungeschminktes Bild der Verhältnisse entwarfen, das Salzburger Wunschprogramm loyal vortrugen und offenbar bei allen Gesprächspartnern zumindest auf Verständnis stießen.
Vereinfacht könnte man sagen: Mannesmut vor Fürstenthronen bringt auch im Vatikan mehr als geflissentliche Gefälligkeitsdiplomatie. Für diese Haltung ist den Bischöfen zu danken. Jetzt liegt es an ihnen, konkrete Anregungen des Salzburger Delegiertentags, soweit sie in ihre Zuständigkeit fallen, in geeigneter Weise umzusetzen. Eine neu eingesetzte Arbeitsgruppe und ein Sondersitzungstermin für die Bischofskonferenz lassen auf guten Willen schließen.
Bleibt der Konflikt zwischen Bischof Krenn und seinen Amtsbrüdern. Die offenbar nicht mehr zu zügelnde Streitwut des St. Pöltner Oberhirten trägt bereits pathologische Züge. Auch ein Kardinal ist ihr nicht mehr gewachsen. Sie spiegelt offenbar eine innere Unsicherheit, ja Verzweiflung wider, die weniger nach Zurechtweisung als nach Seelenhilfe und Gebeten ruft.
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