"Wir sind bedroht worden"

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Regisseur Hubert Sauper über die Idee zu seinem Film, die schwierigen Dreharbeiten und das Phänomen der Globalisierung.

Die Furche: Wie ist Ihnen die Idee zu Ihrem Film gekommen?

Hubert Sauper: Vor sechs Jahren habe ich den Film "Kisangani Diary" im Kongo gedreht und bin damals mit den Cargos der uno zwischen Tansania und Kongo hin und her geflogen. Die uno hat damals diese Flieger von den Russen für Hilfsgüter gemietet - und ich habe dann etliche Wochen mit der russisch-ukrainischen Besatzung im Flieger gelebt. Die haben mir unter vier Augen erzählt, dass sie nicht nur die Hilfsmittel bringen, sondern auch die Bomben. Damals hab ich mir gedacht, dass ich das besser recherchieren muss.

Die Furche: Wie schwer war es, Darsteller zu finden?

Sauper: Es war wahnsinnig mühsam. Bei den Straßenkindern kann man nicht als Weißer einfach hingehen und sagen: So Kinder, jetzt setzt euch mal dahin, wir machen ein Bild. Dann hat man nämlich gleich einen Stein am Kopf. Ohne unseren Verbindungsmann Jonathan, der früher selber Straßenkind war und dann von katholischen Schwestern von der Straße weggeholt wurde, hätten wir das nicht geschafft. Die Leute waren zwar keineswegs skeptisch - dafür die Autoritäten vor Ort umso mehr. Die Polizei und das Militär haben uns die Dreharbeiten enorm erschwert. Wir sind etliche Male eingesperrt und bedroht worden. Wir haben auch unter falschen Identitäten drehen müssen. Als Zivilperson kommt man ja gar nicht in die Frachtflugzeuge hinein. Wir haben uns also als Piloten verkleidet. Die Leute im Flugzeug selbst waren ja unsere Bekannten. Wegen dieser Umstände haben wir auch den Film auf Digitalkamera gedreht - mit einem normalen Equipment wären wir viel zu sehr aufgefallen.

Die Furche: Wie haben sie Stimmung vor Ort mitbekommen? Die Menschen leben ja in größter Armut ...

Sauper: Hoffnung gibt es immer. Man kann in der Stadt, in der ich meinen Film gedreht habe, auch einen Film über Hochzeiten und lachende Gesichter machen - aber das war nicht meine Intention. Ich wollte dem Phänomen Globalisierung auf die Spur kommen. Es ist ja mittlerweile schon ein Wort, das man gar nicht mehr hören will, weil es so überstrapaziert ist. Aber man kann sich einfach nicht vorstellen, wie destruktiv der offene Welthandel ist. Andererseits ist man als Filmemacher privilegiert, weil man auch einen Ausdruck dafür finde kann. Und wenn der Film vor 500 Menschen läuft, dann weiß ich, dass ich mit der Geschichte nicht mehr allein bin.

Das Gespräch führte Sandra Wobrazek.

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